WENDELSTEIN

Wie wohl mir steht allhier mein Leben, wenn ich mich wend auf diesem Stein.“

Bereits Heinrich I. (875-936) ist ganz entzückt über die Aussicht, die sich ihm von den 50m hohen Gipsfelsen bietet. Weit dehnt sich vor dem König aus dem Geschlecht der Liudolfinger, der 927/ 928 die slawische Brandenburg erobern wird, das Tal der Unstrut aus. Gegenüber, auf der anderen Talseite erhebt sich der bewaldete Höhenzug der Finne; Inseln gleich ragen vereinzelte Ansiedlungen aus dem an Rebhühnern, Wildenten und anderem Federwild reichen Sumpfland hervor. Zum Greifen nahe liegt an der Stelle, an der sich das weite Tal der Unstrut verengt und die Steilhänge der Steinsklöbe beginnen, des Königs Hof Memleben. 

Schon der Großvater, Herzog Liudolf und der Vater, Otto der Erlauchte, kamen oft und gern in diese prächtige Gegend. Viele Jahre steht die spätere Kaiserpfalz im Mittelpunkt deutscher und europäischer Politik. Heinrich, der im Jahre 919 am Vogelherd bei Zingst die Nachricht zu seiner Krönung als deutscher König erhielt, läßt seine Blicke über die Orte schweifen, auf die er mit seinem Satz anspielt (Wiehe - Wohlmirstedt - Allerstedt - Memleben).

Heidnischer Opferplatz, Heinrich I. & erste urkundliche Niederschriften

Der Wendelstein - die Herkunft seines Namens ist nicht zweifelsfrei geklärt. Der Wendelweg, der sich am Felsen in die Höhe windet, dient ebenso zur Namengebung wie der Standort des Steins selber. Obwohl es ungewiß ist, wann die erste steinerne Burg gebaut wurde, so läßt sich doch vermuten, daß die Sachsen nach der Teilung des Thüringer Reiches eine Grenzfeste gegen die Franken an ihres Landes „Ende und Wende“ errichteten. Doch Heinrich I. gibt mit seiner Begeisterung den schönsten und treffendsten Grund für den Namen des Wendelstein.

Wie vor eintausend Jahren liegt das Unstruttal mit seinen verstreuten Ortschaften vor dem Besucher. Ackerland und Wiesen sind an die Stellen früherer Sumpfniederungen getreten; am Fuße des Felsen wird der Lauf der Unstrut, ehemals der gefürchtetste aller Thüringer Gewässer, vom Wehr unterbrochen und im Westen erhebt sich das Kyffhäuserdenkmal. Von der ehemaligen Größe und Macht des Wendelstein künden hingegen kaum noch die Ruinen.

Der Wendelstein - die Herkunft seines Namens ist nicht zweifelsfrei geklärt. Der Wendelweg, der sich am Felsen in die Höhe windet, dient ebenso zur Namengebung wie der Standort des Steins selber. Obwohl es ungewiß ist, wann die erste steinerne Burg gebaut wurde, so läßt sich doch vermuten, daß die Sachsen nach der Teilung des Thüringer Reiches eine Grenzfeste gegen die Franken an ihres Landes „Ende und Wende“ errichteten. Doch Heinrich I. gibt mit seiner Begeisterung den schönsten und treffendsten Grund für den Namen des Wendelstein.

Wie vor eintausend Jahren liegt das Unstruttal mit seinen verstreuten Ortschaften vor dem Besucher. Ackerland und Wiesen sind an die Stellen früherer Sumpfniederungen getreten; am Fuße des Felsen wird der Lauf der Unstrut, ehemals der gefürchtetste aller Thüringer Gewässer, vom Wehr unterbrochen und im Westen erhebt sich das Kyffhäuserdenkmal. Von der ehemaligen Größe und Macht des Wendelstein künden hingegen kaum noch die Ruinen.

Der Fels an der Unstrut dient schon in grauer Vorzeit den germanischen Stämmen als Kult- und Richtstätte. Hier wird im Schutze einer Wallanlage den heidnischen Göttern geopfert und Recht gesprochen. Im 19.Jahrhundert kommen bei Bauarbeiten Tongefäße zutage, welche die frühe Besiedlung bestätigen. Doch liegt ein echter Nachweis im Dunkeln. 

Als nach ihrem Ableben im Jahre 1312 die bei Wiehe ansässigen Grafen von Rabenswalde ihre Besitzungen an die Grafenbrüder Hermann und Friedrich von Orlamünde vererben, kommt es zur ersten urkundlichen Erwähnung einer Burg auf dem Wendelstein. Zum Nachlaß gehören die inzwischen wüsten Dörfer Kleinmemleben, Odisfurt und Meginrichesdorf, drei Klöster sowie einige Flurstücke.  

In den Folgejahren wird die Burg umgebaut, vergrößert und verschönert. Doch bald darauf kommt es zum Streit zwischen den beiden Orlamünder Grafen und dem Landgrafen Friedrich dem Ernsthaften von Thüringen, der die Brüder demütigt. Die Auseinandersetzung eskaliert und der sogenannte thüringische Grafenkrieg um 1342 geht in die Geschichte ein. Die aus den Kämpfen entstandene finanzielle Misere ist für die Grafen nicht mehr aufzuhalten und so sehen sie sich genötigt, ihre Besitzungen, darunter den Wendelstein, vom Landgrafen zum Lehen zu nehmen. Doch die enormen Kriegsschulden belasten die Brüder immer mehr und zwingen sie, die Burg 1355 an den landgräflichen Hofrichter, den Geheimen Rat Christian von Witzleben, zu verpfänden.

Im Besitz der von Witzleben, der thüringische Bruderkrieg

Unter den Nachkommen des Hofrichters Christian von Witzleben erlebt der Wendelstein nun einige ruhigere Jahre. Allein der Lärm der in den nun folgenden Jahren wiederum einsetzenden Um- und Ausbauarbeiten erfüllt die Luft. Weit dröhnen die Hammerschläge der zahlreichen Leibeigenen und Handwerker übers Unstruttal, die in mühevoller Arbeit die Burg zur Festung aufrüsten. Tiefe Gräben werden in den Fels getrieben, Eingänge mit schweren Toren versehen, meterdicke Mauern in die Höhe gezogen und zahlreiche Türme zum weiteren Schutz der Festung errichtet.

Viel Wasser fließt die Unstrut hinunter, ehe der Wendelstein in neue Kämpfe einbezogen wird.

Zu jener Zeit sind Kerstan und Friedrich von Witzleben die Herren auf dem „Stein“. Beide, machtgierig und ehrgeizig, wollen den alleinigen Herrschaftsanspruch. Dafür ist den hohen Herren jedes Mittel recht und jeder Weg der Richtige. Im thüringischen Bruderkrieg erkennen Kerstan und Friedrich ihre Chance und ergreifen verschiedene Parteien.

Während sich Kerstan auf die Seite des sächsischen Kurfürsten Friedrich schlägt, hält es Friedrich von Witzleben dagegen mit dem Herzog Wilhelm. Während der Kriegshandlungen gehen zahlreiche Ortschaften in Flammen auf und werden verwüstet. Auch der Wendelstein wird belagert und fällt 1445 mit Friedrichs Hilfe in die Hände Wilhelms, der den gesamten „Stein“ Friedrich überträgt. Durch den Friedensabschluß von 1451 wird das Blutvergießen endlich beendet; Friedrich jedoch muß dem Sohne Kerstans, Christoph, die väterliche Hälfte wieder abtreten.

 Zwanzig Jahre später allerdings, 1471, tauscht Christoph seinen Wendelsteiner Anteil mit dem Edlen Bruno von Querfurt gegen die Schloßanlage Burgscheidungen. Bis zu seinem Dahinscheiden 1495 ist nun der Querfurter Teilhaber am Wendelstein. Als „eröffnetes Lehn“ verfügen die Landesherren nach Brunos Tod über dessen Hälfte und belehnen damit wiederum den Hans von Minkwitz. Durch den Tausch anderer Güter können jedoch die Erben Friedrichs von Witzleben den neuen Mitbesitzer überzeugen und gelangen durch die abgetretene Minkwitzsche Hälfte in den alleinigen Besitz der Festungsanlage.

Und wieder erfüllt Baulärm die Luft, dröhnen Hammerschläge übers Unstruttal; da die Besitzer nun ihren Wendelstein mit immensen Kostenaufwand zeitgemäß umbauen lassen. Doch liegt den Herren von Witzleben der Hader im Blut und immer wieder kommt es zu Streitereien, Auseinandersetzungen und schonungslosen Kämpfen. Erst in den Jahren 1509 und 1529 können sich die Witzlebener friedlich und schiedlich einigen.

Die große Bedeutung des Wendelstein wird während der Bauernaufstände von 1525 deutlich. Der Zank und Streit vergangener Jahre wird schnell vergessen und mit sorgenvollen Blicken suchen Beamte und Adlige, mit Weib, Kind und Finanzen Zuflucht auf der Burg. Während rings die Klöster und Güter durch die wütenden Bauern in Rauch aufgehen, sind die Herrschaften auf dem Stein recht sicher. Doch bald wendet sich das Blatt. Uneinigkeit und fehlendes militärisches Können sorgen am 15.05.1525 in der Schlacht bei Bad Frankenhausen für die Niederschlagung der Bauern im mitteldeutschen Raum. Der Gefahr glücklich entronnen, sind es nun die hohen Herren, die auf Vergeltung bestehen und diese auch blutig umzusetzen wissen.

Die Prunkjahre der von Witzleben und finanzieller Ruin

Während der Bauernaufstände hatte sich die Bedeutung des Wendelstein klar herausgestellt. Die Anlage wird in den folgenden Jahren noch weiter ausgebaut und stärker befestigt. Als es in den letzten Wochen des Jahres 1546 zum Schmalkaldischen Krieg kommt, liefert der Kommandant des Wendelstein diesen zu gutem Treu und Glauben an die Truppen des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen aus. Diese wiederum begehen Wortbruch und rauben die Burg vollständig aus. Allerdings wird der „Stein“ nach der Niederlage des Kurfürsten bei Mühlberg 1547 an die Eigentümer zurückgegeben.

Den Herren von Witzleben nun ist es namentlich zu danken, daß die Vermögensverhältnisse des Hauses bald nicht mehr zum Besten stehen. Ausgelassene Jagden, Spielwut und der prunkvolle Ausbau des Wendelstein durch Heinrich von Witzleben, Gründer der Klosterschule zu Roßleben, reißen tiefe Löcher in die Familienkasse.

So verzeichnen alte Schriften über diese Jahre des Wendelstein:

„Es waren herrliche Tage, welche die Herren von Witzleben, Heinrich und dessen Sohn Wolf Dietrich, auf dem Steine verlebten. Wendelstein war ein schönes, hoch auf dem Felsen thronendes Schloß, ein reiches Gut, reich an Wiesen, Weinbergen und Wäldern. Auf dem Schlosse ging es hoch her. Da gab es außer den notwendigen Leuten in dem Vorwerke, ... den Schmied, Bäcker, Sattler, Böttcher, Kornschreiber, ... Gärtner, Köche, Lakaien, Kutscher, Fischer, Winzer, Forstknechte, Oberförster, Apotheker, Vogelsteller, Wildhüter, Lautenisten und viele andere Hofbeamte.

Freude und Lust war hier zu Hause. Als Pfleger der edlen Waidkunst und als Förderer einer tüchtigen Pferdezucht waren die Herren vom Stein bekannt im ganzen Lande.

In den Burggräben äste dann Rot- und Schwarzwild und war in den ausgedehnten Wendelsteiner Forsten in Menge vorhanden, Wasservögel gab es in Menge an der Unstrut und im sumpfigen Riethe. Der Kurfürst August von Sachsen, welcher gern einen Habicht besitzen wollte, wußte sich an keinen größeren Freund der Reiherbeize und Besitzer guter Falken zu wenden, als an Heinrich von Witzlebenauf dem Steine. ...Gäste sah man gern auf dem Stein und sie fanden - Herren und Frauen, Ritter und Gelehrte - dort allezeit eine freundliche Aufnahme und geistvolle Unterhaltung. War Heinrich auf Reisen, Landtagen und dergleichen Zusammenkünften mehr, so ließ er es gern hoch hergehen. Dazu war er zum Unglück ein leidenschaftlicher Spieler; verlor er doch, um nur eins anzugeben, auf dem Landtag zu Chemnitz 1547 an einen einzigen Spielkameraden die damals ungeheure Summe von 3.100 Thalern. Als er 1561 starb, befanden sich die Vermögensverhältnisse in den ungeordnetsten und zerrüttetsten Zustande. Sein Sohn Wolf Dietrich, ein reich beanlagter Mensch war auch kein Wirt. Ers beschäftigte sich viel mit der Dichtkunst und Musik, hatte am Bauen große Lust und war gern bei festlichen Gelegenheiten am Hofe. Dazu gebrauchte er viel Geld, machte zu den übernommenen Schulden noch neue und wenn der Verfalltag nahte, so nahm er, um die alten Schulden zu tilgen, unbedenklich neue höhere Summen auf.“

Schnell ist man sich unter der einfachen Bevölkerung einig, daß der Verlust nicht mit rechten Dingen zugehen kann. Der Legende nach stand des Grafen Diener beim Kartenspiel hinter dem Stuhl seines Herrn und gab dem Gegenspieler Zeichen über die Karten. So ist es dem einfachen Volk auch verständlich, daß der Graf seinen Besitz in einer einzigen Nacht verspielen konnte und noch lange geht unter den Bewohnern das Wort um: „Der verrät den Wendelstein um eine saure Gurke.“

Im Jahre 1619 geht die Anlage über der Unstrut an den Hauptgläubiger Hans von Heßler über, der diese 4 Jahre später an den Kurfürsten Johann Georg von Sachsen verkauft.

Not & Tod im Unstruttal - Dreißigjähriger Krieg

1618. Durch den Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges soll sich die Lage in Deutschland grundlegend verändern. Sei es in Bezug auf die Machtverteilung oder die wirtschaftliche Lage. Letzten Endes bedeutet der Krieg eine Katastrophe für das deutsche Volk, das in den Kriegsjahren um die Hälfte dezimiert wird.

Auch der Wendelstein wird aufgrund seiner strategischen Lage in die Kampfhandlungen einbezogen. Kurfürst Johann Georg von Sachsen, seit 1623 stolzer Besitzer der Festungsanlage, ist, aufgrund der Ereignisse, auf der Hut und nicht gewillt, seinen Besitz so schnell wieder zu verlieren. So läßt er die Burg in der Folgezeit stark befestigen. Da jedoch in den letzten Jahren das Geschützwesen ungemein fortgeschritten ist, haben des Fürsten Überlegungen einen Makel: der Wendelstein wird überschätzt. Bereits im Oktober 1636, an einem kühlen 23., verwüsten und plündern die Kürassiere des gefürchteten Pappenheimer Regiments das Schloß.

Die Truppen des Gottfried Heinrich Graf zu Pappebheim rücken wieder ab, Chaos zurücklassend, Hühner, Gänse, Bier und Honig mitnehmend.

Doch 4 Jahre später kommen die Schweden in die Unstrutgegend, brennen ringsum die Dörfer nieder und plündern respektlos die Burg. Dem Amtsverwalter bleibt nichts übrig, als seinem Kurfürsten resigniert mitzuteilen, daß „abermals ein großer Kriegsschaden dem Hause entstanden, durch das Paniersche Kriegsvolk, in specie aber durch das Duboldtsche Regiment.“ Und so klagt er weiter über den Verlust von 126 Eimern Wein, von denen die meisten die Roßlebener und Bottendorfer Untertanen weggeschleppt hätten, um „auf des Generals Banér Gesundheit mit kurfürstlichen Wein zu trinken“. Doch nicht nur des Weines und anderer Köstlichkeiten wird die Feste erleichtert, auch die Federn aus den Betten schütten die Schweden auf den Hof und mit besonderer Vorliebe auf den Mist. Dem Amtsverwalter gelingt es indes, sich glücklich mit „Leibes- und Lebensgefahr“ in Sicherheit zu bringen.

Der 12.Dezember 1640 ist der schwarze Tag der Festungsanlage Wendelstein. Laut schwebt das Kriegsgeschrei der Schweden unter General Königsmark und Carl Gustav Graf Wrangel über das Unstruttal hinüber zur Finne. Immer wieder rücken die rußgeschwärzten Söldner vor und ziehen so die Aufmerksamkeit der Verteidiger auf sich. Inzwischen gelingt es Mansfelder Bergleuten, vom Lärm gedeckt, die Burg von der Roßlebener Seite zu unterminieren. Feuer und Tod greifen um sich, als die Sprengladungen nach viertägiger Belagerung detonieren und den Schweden den Weg zum Stein hinauf ebnen. Den kursächsischen Truppen bleibt nur die Kapitulation und ergeben sich auf Ehre und Glauben dem Feinde. Die Schweden, des Wendelstein endgültig überdrüssig, setzen den „roten Hahn“ in die Räume. Schnell brennen die reich verzierten Räume der von Witzleben aus. Die vorher in die Gebäude geworfenen Pechkränze lassen nichts zu wünschen übrig und sorgen für eine gute Leistung. Die Türme werden mit Pulver vollgestopft, lange Zünder gelegt und krachend zerfetzen die Warten.

Der Westfälische Friede zu Münster und Osnabrück  am 24.10.1648 beendete offiziell die Kriegshandlungen. Der Vernichtung herumstreifender Söldner sollte noch mindestens zehn weiter Jahre dauern.

Zwar versuchten die Herren von Witzleben ab 1653 mit einem Wiederaufbau der Anlage, doch von einigen schmucklosen Fachwerkbauten sollte der Wendelstein seine frühere Schönheit nie wieder erreichen. Gegen eine Entschädigung von 18.000 Gulden mußten die von Witzleben den Stein nun endgültig an ihren Landesherrn abtreten, der ihnen seit 1619 tatsächlich schon nicht mehr gehörte.

Wendelsteiner Gestüt, die Ereignisse von 1813 und preußische Domäne

Bereits zur Zeit des großen Thüringerkönigs Irminfried eilt der Ruf der Rösser aus der thüringischen Pferdezucht diesen weit voraus. Selbst der mächtige Ostgotenkönig Theoderich, der als Dietrich von Bern in die Sagenwelt eingehen sollte, kann seine Bewunderung für die silbergrauen Rossen mit ihren schlanken Fesseln und dampfenden Nüstern nicht verbergen. Des Thüringer Irminfrieds Königssitz Burgscheidungen befindet sich nur einige Wegstunden flußabwärts der Unstrut. So erscheint es ein leichtes, auch ein Gestüt in das Unstrutriet am Wendelstein zu legen, aus denen der König in grauer Vorzeit die Pferde wählt, welcher er seiner Braut Amalberg als Brautzugabe nach Italien sendet.  

Auch unter dem Besitz der von Witzleben besitzt das Gestüt einen überaus glanzvollen Ruf. Als Heinrich von Witzleben, eben jener, welcher durch seinen aufwendigen Lebensstil zur ruinösen Lage des Familienbesitzes beitrug, im Jahre 1554 auf einem zu Dresden abgehaltenen Turnier mit Rossen aus seiner eigenen Zucht erscheint, sorgt er damit für allgemeine Bewunderung.

Der Kurfürst von Sachsen, der von den reichen Wäldern an der Unstrut überaus angetan ist und sich hier sehr engagiert (zahlreiche Besitztümer, Treibjagden im Ziegelrodaer Forst und andere Festivitäten), gelangt 1656 in den Besitz des Wendelstein. Die Idee, die Zucht von Rassepferden in der Unstrutgegend wieder aufleben zu lassen, fasziniert ihn derart, daß er diesen Gedanken umgehend in die Tat umsetzt. Wendelsteiner Rosse, den Herzögen von Sachsen-Weißenfels gelingt das Unternehmen und das Jahr 1750 verzeichnet Hunderte auserlesener Pferde, polnischer, türkischer und tatarischer Rasse. 1771 wird das Gestüt teils nach Merseburg, teils nach Torgau verlegt, doch schon 9 Jahre später wieder auf den Stein zurückverlegt.  

Nur einige Jahre noch und auch dieser Glanzpunkt Wendelsteiner Jahre geht unter und das Gestüt in die Geschichte ein. Pferde sind rar während der Befreiungskämpfe von 1813 und daher nicht selten Objekt der Begierde. Als sich im Frühjahr des Jahres 1813 das Lützowsche Freikorps unter dem jungen Freiheitsdichter Theodor Körner auf einen Streifzug durch das Thüringer Land befindet, hat dieser den Auftrag, sich nach „Ersatz“ umzusehen. Der Bedeutung und des guten Rufes des Wendelsteiner Gestütes bewußt, erreicht die Schwarze Schar nach ihrem Aufbruch in Stendal den Stein um die Mittagszeit des 26.Mai. Rasch und leise rücken die Jäger vor und überraschen die verblüffte Besatzung, ohne das diese auch nur zur Gegenwehr kommen kann. Der kleine Reitertrupp gelangt durch seinen unerwarteten Handstreich in den Besitz sämtlicher Pferde. „Manches hat vielleicht bei dem bald darauf stattgefundenen Überfall von Lützows verwegener wilder Jagd bei Kitzen seinen Reiter von Gefangenschaft und Tod errettet.“ (Nebe)

Im Wiener Frieden von 1815 geht die Domäne Wendelstein mit der Hälfte Sachsens an das Königreich Preußen über. Doch den preußischen Beamten liegt nicht viel an einer Wiedereinführung Wendelsteiner Zuchtpferde und das Kapitel wird endgültig geschlossen. 

In einem Bericht aus diesen vergangenen Zeiten ist über die Ruine auf dem Stein zu lesen: „Solange dieselbe in sächsischem Besitz sich befand, wurden die Burg-Ruinen zu erhalten gesucht, leider kann man aber ein gleiches von ihrem jetzigen Besitzer nicht sagen, denn immer ein Stück nach dem anderen - Zeugen früherer Größe - verfällt, ja selbst einzelne Ruinen werden abgebrochen, um das Material zu Neubauten verwenden zu können.“

Burgbesichtigung

Die Anlage - 50m über der Unstrut - ist in der weiten Unstrutebene nicht zu übersehen. Selbst von jenen nicht, die dies gern möchten. Imposant und faszinierend leuchtet der Stein von weitem, doch ist der heruntergewirtschaftete Zustand der frühen Festung nicht zu leugnen.  

Zwei Wege führen heute zur alten Burg. Auf der Westseite gelangt man zum „Querfurter Tor“. Vorbei an der ehemaligen Schmiede, deren Tore weit offen stehen und die bis vor kurzer Zeit in Betrieb war und früher als Zuckerfabrik bzw. Brauerei diente. Noch jetzt liegt der typische Geruch verbrannten Kokses in der Luft. Wenn nicht das schmiedeeiserne Tor am Steinbogen, erst unlängst angebracht, den Weg versperrt, kommt man in die Vorburg.  

Weitere Tore zeugen von den Sanierungsarbeiten. Das Umfeld indessen gleicht einem kleinen Freilichtmuseum. In besseren Seiten diente der linkerhand stehende „Nonnenturm“ zur Verteidigung der nördlichen Festungsseite.

Aber die Schweden! Mit der Einnahme des Wendelstein im Dreißigjährigen Krieg ist auch das Ende des Turmes besiegelt und etliche Sprengladungen zerfetzen auf Befehl Wrangels selbst die zwei Meter starken Mauern. Wehmütig stehen heute die Überreste in einem Gewirr aus Trümmern und Mauerresten. Gegenüber sicherte in Kriegszeiten der Bergfried, der aus dem gewachsenen Fels herausgearbeitet wurde, mit seinem 33m-Durchmesser die Südflanke.

Auch der früher dreistöckigen Kapelle sind die Sanierungsarbeiten deutlich anzusehen. Nachdem auch die Kapelle 1640 niedergebrannt ist, wird die Kirche zweckentfremdet und als Pferdestall genutzt. Noch vor Jahren lassen mehrere in die Wand eingelassene Medaillons die Brustbilder sächsischer Kurfürsten erkennen. Möglicherweise eine Empore, über die von einem Wohnhaus zu erreichen war,  wurde von den vier noch zu erkennenden Säulen getragen.  

Einige Meter in südlicher Richtung steht man an der Südflanke des Wendelsteins - und fühlt sich wie König Heinrich. Tief unten glitzert die Unstrut im Sonnenlicht und bricht sich kurz am Wehr, bevor sie ihren Weg zur Saale fortsetzt. Am Horizont liegt die alte historische Kupfer- oder Weinstraße zwischen Bucha und Wohlmirstedt. Als direkte Verbindung zwischen Erfurt und Halle trug die Straße manchen Landsknecht, manchen Kaufmann und rumpelnden Gauklerwagen über die Jahrhunderte hinweg ihrem Ziel entgegen. Flußaufwärts steht im thüringischen Roßleben die Klosterschule, nördlich - von den hohen Mauern verdeckt - liegen die Halden des geschlossenen Kalischachtes. Weit hinten ragt der Kyffhäuser aus dem Dunst heraus.

Die Zugbrücke am östlichen Eingang wurde mittlerweile durch eine steinerne Zufahrt ersetzt. Geschützt wurde die Haupteinfahrt zur Oberburg durch einen 1540 erbauten Turm (Rondel). Schwere Fallgitter sorgten zudem für Sicherheit. Die „Harnischstube“ im Durchgang  diente der Wachmannschaft der Festung als Aufenthaltsraum. Zum Obergeschoß des Torbaues führte früher noch ein doppelseitige, überdachte Freitreppe empor.  

Das „Neue Schloß“ an der Ostseite des Platzes stammt aus dem Jahre 1596. Das in der Renaissance entstandene Gebäude reicht seinem Baumeister Heinrich Fuß zur Ehre und beweist noch heute dessen Fachwissen und Geschmack. Der Treppenturm wurde einst von Wolf Dietrich von Witzleben als Gedächtnisturm zur Erinnerung an den Vater in Auftrag gegeben.   

Gegenüber der Toreinfahrt befinden sich die ehemaligen Wohn- und Wirtschaftsräume, die noch heute bewohnt werden.

Das „Ebenlebensche Schloß“ ließen die Herzöge von Sachsen-Weißenfels zu Zeiten zu einem Jagdschloß umbauen. Denn jagen ließ es sich schon immer in der Gegend des Ziegelrodaer Forstes. 

Über einen Treppenturm gelangt man in das Schloßinnere mit der Kapelle und dem Bankettsaal. Letzterer ist im bescheidenen Rokoko mit stuckierter Decke eingerichtet. Außerhalb, an der Südwand des Felsens, vorbei an einer mächtigen Linde, befinden sich die Überreste eines Wasserturms. Es herrschte Wassermangel hoch über der Unstrut und so versorgte man sich mittels Pumpen aus dem Fluß mit dem Nötigen. 

Das Nebraer Tor auf der östlichen Seite ist nur noch schwer zu erreichen. Die Gräben und Wälle vor den Burgmauern lassen allerdings noch heute von der Wehrhaftigkeit der gesamten Anlage schließen.

Entwicklung der letzten Jahre

Nach dem Niedergang Preußens und dem 2.Weltkrieg diente die Räume der Burg bis in die 50er Jahre als Wohnung. Doch der zunehmende Zerfall machte ein Wohnen unmöglich. Von dem Wohngebäude auf der nördlichen Flanke existiert heute nur noch ein trauriger Rest. Die ehemalige, überdachte Freitreppe führte damals in den Wohnkomplex. In den 80er Jahren wurde unter der Regie des VEG Memleben und enormer finanzieller Unterstützung die Südflanke der Burg rundumsaniert und Wohnungen errichtet. Wohnungen auf der Ost- und Westseite folgten.  

Die Sanierung einzelner Festungsteile, das Freilegen der Kellergewölbe und Schloßgänge erfolgte in den letzten Jahren über ABM. Heute ist ein Berliner Architekt, der das etwa 4Hektar große Gelände vor kurzem erwarb, Burgherr auf dem Wendelstein. Die Malerin Grit Piolka hat ihr Atelier vor einigen Jahren ebenfalls auf den Wendelstein verlegt. 

Eng und geschlungen ist noch heute die Kopfsteinpflasterstraße, die zum Wendelstein führt. Selbst die Brücke am Wehr hat ihre besten Zeiten hinter sich. Doch wenn man bereit ist, eine kleine Reise in die Vergangenheit deutscher Geschichte zu unternehmen, so findet man hier an der thüringischen Landesgrenze, weitab ausgetretener Touristenpfade, eine jener kleinen Perlen, die in früheren Zeiten im Mittelpunkt deutscher Politik gestanden haben.

Lohnend ist ein Ausflug in jene Gegend allemal. Die ausgedehnten Waldungen des Ziegelrodaer Forstes locken immer noch mit ihrem Wildreichtum, in der heutigen Klosterruine Memleben schrieb der erste Kaiser des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“ europäische Politik und die Kaiserpfalz stand somit in nichts der Pfalz Magdeburg nach.

SCHLUSS