LAUCHA

Die Sonne strich bereits über den Höhenzug der Finne, als von der hochaufragenden Marienkirche die ersten Glockenschläge über das Tal tönten. Am Erntesonntag jeden Jahres riefen die Glocken zum Gebet. Eine von ihnen wurde 1732 vom ersten Glockengießer der Stadt, Johann Gottfried Ulrich, gefertigt, eine andere stammt aus dem Jahr 1905 vom letzten „Glockenulrich“. In Laucha, der Kleinstadt, gehören Wein und Glocken seit Jahrhunderten zusammen.

Die erste Erwähnung fand der Ort 1120 als „Lachowe“. In den Unterlagen wird vom Magdeburger Erzbischof dem Bibraer Probst bekundet, dass ihm die gesamte „familia“ und deren Fronzinsen zustehen. Laucha, bereits in der Jungsteinzeit besiedelt, gehört mit zu den Ortschaften, die von slawischen Fronbauern besiedelt wurden. Wohl um 1409 erhielten die Ortschaft das Stadtrecht sowie das Recht, zwei Jahrmärkte abzuhalten und ihren Rat frei zu wählen.

1446 feiert Herzog Wilhelm III. mit großem Gepränge seine Hochzeit mit Anna von Österreich in Jena. Sein Bruder Friedrich II. führt einen ersten Angriff gegen ihn. Wilhelm stellt sich, von der Hochzeitstafel aufbrechend, dem Bruder entgegen. Damit beginnt der "Sächsische Bruderkrieg", der bis 1451 (Friede von Naumburg) andauert und in dessen Verlauf beide Landesteile schwer verwüstet werden. Nachdem Laucha während des Krieges 1450 überfallen und angezündet wurde, wurde die Stadtmauer erbaut, deren wesentlichen Teile mit dem stattlichen Obertor bis heute erhalten blieb.

Glockengießer und Weinbau an der Unstrut

In erster Linie lebten die Lauchaer vom Weinbau, der Essigherstellung sowie von Viehzucht und Handel mit Wollwaren. Während anderswo zumeist Klöster und Adel im Besitz der Rebhänge waren, breitete sich in der Stadt der Bürgerweinbau besonders aus. Um 1599 besaßen den Chroniken zufolge insgesamt 66 von 250 Lauchaer Familien Weinland.

Im 16.Jahrhundert konnte die Marienkirche neu errichtet und geweiht werden. Die Stadtkirche St.Marien hatte bereits einen romanischen Vorgängerbau, der dem Bibraer Augustiner Chorherrenstift angegliedert war. Von dort aus wurden 1335 und 1343 Gnadenbriefe beantragt, um in Laucha die Wallfahrt zu begünstigen und den Neubau einer Kirche voranzubringen. Der Ehrgeiz der Lauchaer Bürger war es, eine freie Reichsstadt zu werden. 1505 erhielt die Kirche ihre erste Orgel. 1515 und im darauffolgenden Jahr die ersten drei Glocken. Zu diesem Zeitpunkt befand sich auch noch der Friedhof um die Kirche. Erst 1565 wurde er hinter die Stadtmauer und 1607 an die heutige stelle, dem ehemaligen Lauchaer Untertor verlegt.

1563 wurde das stattliche Renaissancerathaus neben der Marienkirche fertiggestellt. April 1731, die Reformation des Dr. Martin Luther hatte die Kirche gespalten, Europa in dreißig Jahre währende Kriege, Schlachten und Plünderungen gestürzt und Sophie Friederike Auguste Prinzessin von Anhalt-Zerbst, die später Katharina II., die Große von Russland wird, stand kurz vor ihrem zweiten Geburtstag. Laucha brannte bis auf neun Häuser und die Grundmauern der Kirche nieder. Das Jahr darauf war für den hessischen Glockengießer Johann Gottfried Ulrich willkommen. Aufbau Ost hieß es 1732 an der Unstrut. Für den Guss der neuen Glocken im Juni forderte er von der Gemeinde 34 Pfund Talk, 6 Pfund Wachs, 46 Pfund Flachs, reinen Hanf und 40 Pfund Kuhhaare, 8 Schock Eier und 16 Karren Lehm, 1 Fuder Kohlen, 3 Klafter Fichtenholz. Für den Bau seines Ofens an der heutigen Naumburger Straße brauchte er 2.000 Backsteine und anderthalb Zentner Eisen für den Rost.

Der Guss lief nicht nach Plan; es kam zum mehrjährigen „Glockenkrieg“ mit einem einheimischen Konkurrenten aus Leipzig. Doch Ulrich beschloss, an der Unstrut zu bleiben. Er heiratete eine Lauchaerin – heute würde es medienwirksam „West meets Ost“ heißen – und richtete sich wegen der Brandgefahr vor dem Untertor seine Glockengießerwerkstatt ein.

Fünftausend Glocken wurden bis 1911, bis zum Tod des letzten Glockengießers, in Laucha gegossen. 1932 wurde aus der Werkstatt ein Glockenmuseum. Besucht man heute das alte Gebäude, wirkt die alte Arbeitsstätte so, als wäre der letzte Gießer nur kurz zum Tor hinaus.

In den sozialistischen Zeiten wurde der Ort neben anderen vom Landbetrieb für Instandsetzung geprägt. Zahllose Landmaschinen- und Traktorenschlosser wurden an der Golzener Straße für auf Einsatz im Arbeiter- und Bauernstaat vorbereitet. Im Herbst 1989, 70.000 Menschen demonstrierten in Leipzig für eine demokratische Erneuerung des Landes, robbte das letzte Lehrjahr der jugendlichen Auszubildenden im Wehrlager Rathsfeld mit der Gasmaske durch das Kyffhäusergebirge. Doch auch die vorbildliche Einsatzbereitschaft in der Obst-, Gemüse- und Hackfruchternte 1989 wurde manchem angehenden Schlosser mit einem Winterurlaub der Landjugend im Ringberghaus Suhl und 100 DDR-Mark zur eigenen Verwendung gedankt.

Über den Fliegerhorst, seit den 1920er Jahren eines der Zentren der Sportfliegerei in Deutschland, spannt sich heute eine lange Geschichte, ist aber neben Glockenmuseum, Kirche, Wassermühle und dem Kanuverein eines der aktuellen Highlights um Laucha.