GÄRTNEREI ZINGST

Die Gärtnerei zu Zingst an der Unstrut*

* Erstveröffentlichung: Mitteldeutsche Zeitung September 1997

Von Querfurt kommend, steht in Zingst rechterhand der Straße das alte Wohngebäude der Gärtnerei. Eine meterlange Sandsteinmauer umschließt das umliegende Gärtnereigelände gleichermaßen wie das in unmittelbarer Nähe liegende Schloß, in welchem die psychologische Abteilung des Querfurter Krankenhauses untergebracht ist. Seit ca. 3Jahren nicht mehr genutzt, bietet das Wohnhaus ebenso einen traurigen Eindruck wie das gesamte Gelände der Gärtnerei. Zerschlagene Fensterscheiben gehören hier wie eingefallene Mauerstücke zum äußeren Erscheinungsbild, Wasserschäden zum inneren Aussehen.

Im Zuge der Erbauung des Gutes Zingst aus den Steinen des Klosters Reinsdorf 1876 entstanden ebenfalls die Gärtnereianlagen. Tennisanlage und lauschige Gartenecken dienten den Herren vom Zingster Schloß zur Entspannung. Die längst gerodete Apfelplantage zwischen Bahnschienen und Nebraer Straße gehörte wie die Kirschplantage auf dem Ronneberg zur Gärtnerei.

Hermann Mundt sen. war der erste Gärtner, der für den Bau des ersten Gewächshauses verantwortlich zeichnete. In den 30er Jahren begann er seine Arbeit im Dienste des Barons von Helldorff auf Schloß Zingst. Nach dem Krieg wurde die Gärtnerei in die LPG(P) Querfurt eingegliedert. Durch die zahlreichen Gewächshäuser war eine breite Sortenvielfalt an Gemüsearten möglich. Blumenbeete sorgten für stetigen Absatz. Das Heizhaus der Gärtnerei ließ die Aufzucht von Salat-, Gurken- und Tomatenpflanzen schon über die Wintermonate zu.

Nach 1990 wurde die Gärtnerei kurzzeitig in die Rehabilitationsmaßnahmen des Krankenhauses, damals noch die psychologische Abteilung für Kinder und Jugentliche, übernommen. Kurze Zeit später zog die letzte Bewohnerin aus dem Wohnhaus aus, auf dem Gärtnereigelände wachsen neben wilden Margeriten  Brennessel- und Distelkolonien heran. Im Naturpark „Saale-Unstrut-Triasland“ leider kein erfreulicher Blickfang.

Doch ganz trübselig sieht es für die Gärtnerei nicht aus und bald könnte es wieder recht lebhaft zugehen. Schwung in das Geschehen hoffen die neuen Eigentümer von Schloß Vitzenburg zu bringen. Diese sind am Erwerb des Objektes interessiert. Unter Leitung von Dipl.-Ing. Daniel Preußker sollen Spezialkulturen wie Zwergbuchsbäume, Antikrosen und Eibengewächse hier gezüchtet werden; das Wohnhaus soll denkmalgerecht renoviert werden. Eine mögliche Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus - im Rahmen von Rehabilitationsarbeiten - beruht auf beiderseitigem Interesse, so Herr Preußker. Bleibt nur abzuwarten, ob die Vorstellungen der neuen Schloßherren bald umgesetzt werden können, oder bürokratische Hürden weitere Jahre verstreichen lassen, die dem alten Gemäuer sicher nicht zum Besten dienen.

* Anmerkung der Redaktion (Juni 2011): Die Idee von Preußker sollte nicht umgesetzt werden. Im Sommer 2003 kam der Immobilienmakler Martin Kistenmacher an die Unstrut, zeigte der interessierten Dorfgemeinschaft einige Jahre darauf das zur Übernachtungsimmobilie umgekrempelte Anwesen. Das Gärtnereigelände indessen, welches Kistenmacher ebenfalls gegen die Pläne eines Altersheimes erworben hatte, verfällt täglich. Dicke Efeuranken wuchern über die alten Sandsteinmauern. Der Tourismus zieht an dem alten Schlossgelände vorbei und lässt das Gelände im meterhohen Vorgelände dahinsiechen. Eine Reportage des MDR im Winter 2010 fand einen vergnüglichen Beitzer vor, dem der Dorfklatsch des 80-Seelen-Nestes nicht interessiert.