1000 JAHRE WEINKULTUR

Der Weinbau an Saale und Unstrut gehört zu den ältesten Traditionen Deutschlands. Über eintausend Jahre hat der Weinbau die Menschen am mittleren Saalelauf und der Unstrut geprägt. 1993 wurde im Zuge der Neuvermarktung und touristischen Erschließung die „Saale-Unstrut-Weinstraße“ als 13. Deutsche Weinstraße eröffnet. Heute (2014) umfasst das Qualitätsweinbaugebiet etwa 765 Hektar, eingebettet in unberührbar und verlassen scheinende Landschaften mit Weinbergen, Flusstälern, Weinbergshäusern und Trockenmauern und umgeben von mehrtausendjähriger Geschichte. Über 50 Privatweingüter laden zusammen mit der Winzervereinigung Freyburg, dem Landesweingut Pforta und den Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien zum Verweilen und Probieren ein. Die „Straße der Romanik“ teilt sich ebenso oft den Weg mit der „Weinstrasse“ wie Naturschutzgebiete, Rad- und Wanderwege zu bedeutenden Bauwerken wie dem Naumburger Dom, der Neuenburg oder den Steinbrüchen bei Nebra führen. Die „Weinstrasse“ umfasst heute neben den etwa 60 Kilometern zwischen Memleben und Bad Sulza auch die nördlich gelegene „Weinstrasse Mansfelder Seen“ um Höhnstedt und die „Weiße Elster Weinroute“ von Kloster Posa in Zeitz bis nach Wetterzeube.

„Gebietstypisch zeichnen sich die Weine von Saale-Unstrut durch ein elegantes feingliedriges und fruchtiges Bukett mit mineralischen Nuancen aus. Muschelkalkverwitterungsboden, aber auch Buntsandstein, Lößlehm und Kupferschiefer sind zu finden. In den Flusstälern sorgen „Wärmeinseln“ für ein besonderes mildes Mikroklima. Die Sonne scheint etwa 1.600 Stunden im Jahr. Mit rund 500 mm Niederschlag jährlich zählt die Weinbauregion zu den niederschlagsärmsten in Deutschland. Die durchschnittlichen Erträge liegen bei rund 50 hl / ha. Der Weinanbau wird in Weitraumanlagen und traditionsgemäß in Steil- und Terrassenanlagen betrieben. Größtenteils herrscht die Drahtrahmenerziehung vor. Die Pflege der Weinberge, besonders in den Steillagen, ist sehr arbeitsintensiv und fast nur manuell mit Seilzug und Handhacke möglich.Das ausgewogene Klima, die Bodenart, eine gezielte Ertragsregulierung und die erfahrenen Hände der Winzer formen Weine besonderer Güte und verleihen den edlen Tropfen ihren unverwechselbar spritzigen Charakter. Weit über 50 Rebsorten sind hier heimisch, die vorwiegend trocken ausgebaut werden. Angeführt wird die Weißweinliste vom feinwürzigen Müller Thurgau, gefolgt vom feinfruchtigen Weißburgunder und vom erdigen Silvaner. Aber auch der spritzige Riesling, die temperamentvollen Kerner- und Bacchusweine, der edle Grauburgunder oder der rare Gutedel finden hier ins Glas. Schon jeder vierte Liter Wein ist rot! Sie überzeugen durch Kraft und Frucht wie der vollmundige und schmelzige Blaue Zweigelt, der samtige Spätburgunder, der feurige Dornfelder oder der fruchtige Portugieser. Zudem wartet so manche edelsüße Rarität aus Eiswein und Beerenauslesen auf die Zungen der Genießer.“ fasst der „Weinbauverband Saale-Unstrut“ auf seinem Internetportal zusammen.

1999 wurden 1000 Jahre Weinbau an Saale und Unstrut gefeiert. Die Schenkungsurkunde Kaiser Otto III. aus dem Jahr 998 erwähnt neben den sieben Dörfern für das Kloster Memleben ausdrücklich die dort befindlichen ausgedehnten Weinländereien. Die Rebkultur, vermutlich von den Franken nach der Zerschlagung des Thüringer Reiches im frühen Mittelalter nach Thüringen importiert, wurde durch Geistlichkeit und Adel gefördert. Das Weinbaugebiet war mit vermutlich 10.000 Hektar Rebfläche, der Historiker Dieter Coburger greift 1995 weit aus und vermutet sogar 60.000 Hektar zwischen Harz, Thüringer Wald, Rhön und Frankenwald, eines der größten Anbaugebiete des deutschen Mittelalters. Mit der politisch heftig vorangetriebenen Christianisierung und dem einhergehenden Klosterbau, erfuhr auch der Weinanbau seinen Wirtschaftsaufschwung. Coburger schreibt in seiner 1993 erschienenen Abhandlung „Tausend Jahre mit Karst und Hippe“: „Wein blieb über Jahrhunderte das Hauptgetränk, hinter dem Met, Bier, Brand- und Obstwein weit zurückstanden. Kaffee, Tee, Kakao und Limonaden waren noch unbekannt. Das Wasser war während der vielen Seuchen oft unrein. Der edle Saft der Rebe wurde von Hoch und Niedrig  gleich gern getrunken. Der Landwein war im Volk alltägliches Getränk.“

Doch erlebten auch die Saale-Unstrut-Reben ihre Hochs und Tiefs, Dreißigjährige Kriege, Seuchen, Pest und Reblausbefall. Coburger schreibt weiter. „Die ersten Rebflächen an Saale, Unstrut, Ilm, Lossa und Wethau hatten neben dem Klerus die Reichs- und die Landesherren sowie Adels- und Herrengeschlechter. So waren frühzeitig Weinberge als Reichsgüter im Besitz der deutschen Kaiser und Könige, darunter Otto I., Otto II., Otto III., Heinrich IV. und Heinrich VI, der Hohenstaufe. Andere der ersten Weinberge vor dem Einzug der Grauen Brüder gehörten den Landesherrschaften, namentlich den Thüringer Landgrafen, die später Herzöge und danach Markgrafen von Thüringen wurden, den Pfalz- und den Kurfürsten von Sachsen und den Markgrafen von Meißen. Vor allem Klöster und geistliche Stiftungen, namentlich Orden der Benediktiner, der älteste und ehrwürdigste Orden des hl. Benedict, und der Augustiner-Orden hatten die ersten Weinberge an Saale, Ilm, Unstrut, Lossa und Wethau. … Die kösterliche Rebkultur begründete sich auf den Bedarf an Meßwein. Beim Abendmahl verwandelt sich der Wein in das Blut Jesu Christi. Dafür durfte nur unverfälschter, naturreiner Wein genommen werden. Der eigene Anbau war erforderlich, weil die Mutterklöster weitab lagen und der ANchschub von dort lange währte, umständlich und teuer war. Die Straßen waren unsicher, schlecht und oft unpassierbar. So waren die neuen Klöster bestrebt, sich durch Eigenbau von den Mutterklöstern unabhängig zu machen.“

Erfurt, Naumburg und Jena entwickelten sich zu den Zentren des Weinbaus und Weinhandels. Doch nach 1550 ging der Weinbau in Deutschland und so auch an Saale und Unstrut zurück. In den Archiven finden sich, gründliche Recherche und richtige Interpretation vorausgesetzt, zahlreiche Hinweise über die (wirtschaftliche) Entwicklung des Weinbaus. Weinberge werden hin- und hergeschenkt, verkauft und überschrieben; der sächsische Hof bevorzugte immer wieder „trafwein“ und verwies an die „lurcke“. 1588 erließ Kurfürst Christian I. von Sachsen die „Churfürstlich Sächsische Weinbergs-Ordnung“ zur Regelung aller notwendigen Rebtätigkeiten und den systematischen und erforderlichen Arbeiten im Weinberg. 1835 wurde die Naumburger Weinbaugesellschaft gegründet, die sich um bessere Anbaumethoden und Rebenneuzüchtung bemühte. Neben dem schleichenden, über einige Jahrhunderte andauernden, Niedergang, riss die Reblaus die europäischen Weine in den Abgrund und 1887 wurde die Saale-Unstrut-Region zum ersten Reblausseuchengebiet Deutschlands erklärt. Die Rebstöcke wurden herausgerissen und Weinbauern zu Obstzüchtern. Noch heute künden viele Obstplantagen von der Weinapokalypse. Zwanzig Jahre später, 1919, war die Anbaufläche auf etwa 100 Hektar geschrumpft. 1919 wurde in Naumburg die Biologische Reichsanstalt gegründet und dem Önologen Carl Börner gelang es, Reblausresistenzen auf der Grundlage von Unterlagenzüchtungen nachzuweisen und so mit dem ab 1923 in Deutschland zugelassenen Pfropfrebenanbau den Kampf gegen die Reblaus zu gewinnen. Nach dem Zweiten Weltkrieg überlebte der Weinbau dank seiner Freizeitwinzer, wurde ab den 1960er Jahren staatlich gefördert und langsam ausgedehnt.

Schenkungsurkunde Kaiser Otto III. von 998
Keltergeräte im Weinkeller Burg Neuenburg, Freyburg
Christus in der Kelter, Großjena
Rebblüte
Bacchusstatue im Schloßpark Burgscheidungen
Cuvéefass in der Rotkäppchen-Sektkellerei Freyburg
Schweigenberge bei Freyburg
Nüssenberg bei Weischütz
Silvaner
Weinverkauf im Unstruttal
Weinprinzessinnen im Saale-Unstrut-Weinbaugebiet
Weinfest in Freyburg
Zahlreiche Kriege verheerten das Weinbaugebiet
Weinmetropole Freyburg an der Unstrut
Weinberg Vitzenburg
Obstanbau als Weinbaualternative
Im Weinkeller