UNSTRUT HISTORIE

Das Rittergrab im Unstrutbogen

* Erstveröffentlichung: Mitteldeutsche Zeitung 2000

Wandert man von Vitzenburg nach Nebra, so läßt sich hier - an der Pforte zum Thüringer Land - mit etwas Phantasie ein wenig Heimatgeschichte hautnah erleben.  

Nach ausreichender Stärkung in der Gaststätte „Unstrutblick“ oder im Gasthof „Zum Schweizerhaus“ erreicht man von Vitzenburg nach etwa 15 - 20 Minuten Fußmarsch talab zur Unstrut den kleinen Ort Zingst. Direkt an das ehemalige Rittergut schließt sich der Park an, welcher diesen Namen allerdings nicht mehr ganz verdient. In der Parkmauer des Gutes befindet sich eine Tür, durch welche man auf einen Weg gelangt, der sich oberhalb des Ortes durch den Wald nach Nebra schlängelt.

Schattige Buchen und Eichen lassen die heiße Sommersonne vergessen und selbst Regenschauer stören nicht sofort. Kreischend warnen Eichelhäher vor Eindringlingen und manch Eichhörnchen verzieht sich schnell in die obersten Baumspitzen. Mit etwas Glück kann man auch einzelne Rehe durch das Unterholz flüchten sehen.

Oberhalb des Weges erhebt sich der Ronneberg. Immer noch gibt es unterschiedliche Meinungen dazu, ob der Ronneberg mit dem „Runiberg“ identisch ist, auf welchem sich der Thüringer Irminfried mit seinem Heer dem Frankenkönig Theuderich im Jahre 531 vergebens zu einem vorletzten Kampf stellte und sein Reich bei der Schlacht um Burgscheidungen endgültig unterging. Nach ca.20 Minuten gabelt sich der Weg. Rechterhand geht es nun auf breitem Wege aufwärts. 5 - 10 Minuten später stieß man vor einigen Jahren auf einen Wegweiser: „Wanderweg - Zum Rittergrab“.

ABM-Kräfte hatten über die Wintermonate 1993/94 hinweg alte Wanderwege wieder begehbar gemacht, Bäume gefällt und Licht in das Waldesdickicht gebracht. Mittlerweile sind die Wege wieder verwachsen und der Schlängelpfad durch den Waldstreifen nicht mehr begehbar. Eine ruhige und ungestörte Gegend für Jagdfanatiker und -pächter. Doch kämpft man sich quer durch das Unterholz weiter in südlicher Richtung, steigt über umgebrochene mächtige Buchen und bricht sich nicht den Hals in den zahlreichen Fuchsbauten, kann man die Stelle nach etwa 20 Minuten erreichen. Das „Rittergrab“ oder auch „heilige Grab“ - ein langer, schmaler Felsblock mit einer Länge von etwa 7,60m und Höhe von 2,70m - ragt zwischen langen Buchenstämmen aus dem Waldboden hervor. Auf der nördlichen Seite ist ein hufförmiger Eindruck zu erkennen, auf der unteren Seite ein rechteckiger. Überwuchert vom Moos der Fels, von der Zeit verwittert die Schriftzüge. Zu Ehren gefallener Hauptleute aus dem Gefolge des Thüringerkönigs soll der Stein aufgestellt worden sein. Im Reiseführer durch das Unstruttal beschreibt der Altertumsforscher Hermann Grössler 1904 noch die Inschrift: „Maechtige Zeit, du stürzest in ewigem Wirken Felsen und Wälder und selbst das Edelste der Erde, den Menschen, zum Staube dahin“. Daneben war selbst noch Goethes Sinngedicht an die Einsamkeit in einzelnen Zügen zu erkennen.

Vor solche „felsenfesten“ Fakten gestellt und von den sanft im Winde rauschenden Blätterdach überzeugt, neigt man dazu, allen historischen Fakten für und wider, die verlorene Schlacht Irmfrieds an diesen Ort zu verlegen, wobei sich der Thüringerkönig sicher nicht von der Schönheit, sondern von dem strategischen Vorteil der Gegend überzeugen ließ.