DIE EHEMALIGEN VOM VEB KRAFTVERKEHR NEBRA

Treffen der Ehemaligen Schlosser und Angestellten*

* Erstveröffentlichung: Mitteldeutsche Zeitung März 2005

Am 17.Dezember 2002 ging eine Epoche zu Ende. Es war sicher kein Abschnitt, der in der Politik für Furore sorgte oder später in den Geschichtsbüchern nachzulesen ist. Doch bestimmte er den Lebensrhythmus mehrerer Generationen von Schlossern und legte mit der Lehrausbildung den Grundstein späterer Gesellen und Facharbeiter. Ein normaler DDR-Betrieb von nebenan. Die Rede ist von einer Kfz-Werkstatt, deren ehemalige Schlosser, Lehrlinge und Mitarbeiter sich am 02.April zu einem gemeinsamen Wiedersehen treffen wollen. Auch wenn der Begriff „Ehemaligentreffen“ das Vergangene betont, das Unwiederbringliche hervorhebt und nicht gern gehört wird, verbindet er doch auf eine eigene Weise. Das sich heute in Querfurt am Nebraer Tor befindliche Autohaus hat seine Wurzeln in Nebra an der Unstrut.

Rückblende. Der Nebraer Richard Wittenbecher betreibt in den 1940er Jahren schräg gegenüber dem Vogelherd ein Busunternehmen. Eigene Reparaturen mit einem Stammpersonal an Schlossern bilden die Grundlage für die spätere Vertragswerkstatt Nebra. Unter sozialistischen Fahnen wird Wittenbecher enteignet und die Werkstatt ein Treuhandunternehmen.

Im Zuge der Gebietsreform 1950/52 wird der Kreis Querfurt verkleinert und Nebra zur Kreisstadt im gleichnamigen Kreis erhoben. 1960, die damalige Opel-Modellpalette gehört neben anderen Fahrzeugtypen zur Kundengruppe, werden Werkstatt und Mitarbeiter dem VEB Kfz-Instandsetzung Querfurt angeschlossen. Acht Jahre später kommen die Nebraer zu Eisleben. 1970 ist die Vertragswerkstatt Nebra die Betriebsstelle VI/3 im Zweigbetrieb Eisleben des VEB Kombinat Kraftverkehr Halle.

Mopeds und LKWs werden repariert, immer wieder auch Wartburg, Skoda und Trabant. 1976 wird die Werkstatt dem Zweigbetrieb Naumburg zugeordnet, unter dessen Leitung es bis in die Wendejahre bleiben wird.

Tatsache ist, dass Neu- und Umorganisation keine neuzeitliche Erfindung ist und auch zu DDR-Zeiten emsig gelebt wird. Im Kraftfahrzeuginstandsetzungswerk (KIW) Halle entwickeln sich die etwa 25 Beschäftigten der Zweigstelle Nebra zu Spezialisten. Mechanik, Elektrik und Karosserie-Instandsetzungen umfassen die täglichen Arbeitsaufträge an der Zingster Straße. Lehrlinge erhalten eine praktische Ausbildung. Die Mitarbeiter stellen ihre Arbeitsflexibilität bereits zu DDR-Zeiten täglich unter Beweis. 1990 weht der Wind plötzlich schärfer aus westlicher Richtung.

Einige Mitarbeiter der „Vertragswerkstatt für PKW Moskwitsch und Wolga“ nutzen die Zeichen der Zeit und übernehmen die Geschäftsleitung. Über der „Autohaus Nebra GmbH“ wird, rückblickend fast wie ein Omen, der Opel-Blitz auf Fahnen emporgezogen. 1994 zieht die Vertragswerkstatt in das neue Autohaus nach Querfurt. Das Experiment widersteht, allen Hochs und Tiefs zum Trotz, dem modernen kapitalistischen Wind bis zum Insolvenzbescheid am 17.12.2002.

Im Gartenlokal Nebra wollen sich nun am genannten Apriltag ab 15:00Uhr die ehemaligen Mitarbeiter treffen. Über die „alten Zeiten“ soll geredet werden, was „in der Zwischenzeit passiert ist“ und wohin es Gesellen, Arbeitskollegen und Lehrlinge verschlagen hat. Die Initiatoren, selbst ehemalige langjährige Schlosser in Nebra und Querfurt, hoffen auf enorme Teilnahme und Kollegen, die aus den „Augen“, aber nicht dem Gedächtnis verloren sind. Und die Wiederkehr einer Epoche für einen kurzen Nachmittag.