SCHLOSS NEUENBURG FREYBURG

Mit Blut wird die erste Seite im Buch der Neuenburg geschrieben. Der junge Pfalzgraf Friedrich III. von Sachsen muss sterben. In der Nähe des Hofes Zscheiplitz fällt er im Februar 1085 dem Anschlag der Brüder Dietrich und Ulrich von Deidenliebe und Reinhard von Runenstide zum Opfer. Um das Motiv der Tat ranken sich Legenden und Sagen. Selbst in des „Knaben Wunderhorn“ findet sich der Mordplan wieder.

Nun, sicher bei der ganzen Geschichte ist nur, dass in dieser Zeit ein Teil des Gebietes an der Unstrut zur Pfalzgrafschaft Sachsen gehört. Eben dem Pfalzgraf Friedrich III., der mit Adelheid, älteste Tochter des Grafen Lothar-Udo II. von Stade, auf Zscheiplitz residiert. Kurz nach der Bluttat heiratet die junge Witwe den etwa 23 Jahre älteren Ludwig II. aus dem Geschlecht der Ludowinger und lässt so die mittelalterliche Gerüchteküche überkochen.

Der Draufgänger Ludwig wird mit der Tat in Verbindung gebracht, beim König Heinrich IV. angeklagt und auf der Burg Giebichenstein bei Halle gefangen gehalten. Nach über zweijähriger Haft rettet sich Ludwig durch seinen legendären Sprung in die Saale aus der Haft und geht in die Geschichte als „der Springer“ ein.

Mord, politischer Aufstieg der Ludowinger und rasante Bauaktivitäten

Die Grundsteinlegung der Festungsanlage Neuenburg erfolgt, neusten Erkenntnissen zufolge, um das Jahr 1090. „Novum castrum“ – Neue Burg, Neuenburg. Kein origineller Name, aber treffend. Die Fläche der neuen Festung, unmittelbar südlich der älteren Burg Haldecke gelegen, muss die heutige Kernburg überdeckt haben. Die strategische und politische Größe der Anlage wird durch den schnellen Ausbau unterstrichen. Starke Ringmauern, ein doppeltes Wall-Graben-System und Bergfriede; ein Wohnturm und der spätere aufwendige Palas sowie die Doppelkapelle lassen keine Zweifel aufkommen, dass die Burg oberhalb der Unstrut den Herrschaftsanspruch der Ludowinger untermauern soll. Größer als die Wartburg, sichert die Anlage im Osten das Territorium der späteren Landgrafen.

Durch ihre überaus geschickte Heirats- und Familienpolitik steigt das Thüringer Adelsgeschlecht, dessen Wurzeln im mittleren Maingebiet liegen, zu einem der mächtigsten Reichsfürstengeschlechter des 12.Jahrhunderts auf.

Die Legende berichtet, dass Ludwig während seiner Inhaftierung auf dem Giebichenstein dem heiligen Ulrich einen Kirchbau in Sangerhausen gelobt, wenn er ihn rettet. Die Flucht gelingt. In Sangerhausen, Ludwigs Mutter Cäsilie stammt von hier, wird der Bau der Kirche St.Ulrich in Auftrag gegeben. Der Buße nicht genug, stiftet der Graf 1085 das Kloster Reinhardsbrunn, welches Grablege des nach ihm benannten Geschlechts wird.

Das Kloster wird im Bauernkrieg 1525 zerstört. An gleicher Stelle entsteht 1827 das Schloss Reinhardsbrunn. Ludwigs Söhne erheiraten Güter in der Nähe von Kassel und Marburg und fassen so in Hessen Fuß. Die Karriere der Thüringer geht steil bergauf. 1131 belehnt König Lothar von Supplinburg das Geschlecht mit der Landgrafenwürde. Zahlreich sind Pflichten. Aber auch reichhaltig die Privilegien. Unter anderem liegt die Sicherung der lebenswichtigen Verkehrsadern vom Maintal durch Thüringen ins sächsische Gebiet in der Hand der Ludowinger. Oder die Wahrung königlicher Rechte im Herrschaftsgebiet und unmittelbare Teilnahme an den Reichsgeschäften. Die Ausübung des Landfriedensgerichtes ist ebenso Pflicht und Recht wie die Aufsicht über den Wald, den Wildbann, Gewässer und Bergwerke, über Münzen, Maße und Zoll.

Jahrzehnte, Jahrhunderte dauert der Bau der Neuenburg. Die exakte Bauabfolge der einzelnen Gebäude lässt sich heute schwer rekonstruieren und die Aussagen der Historiker gehen auseinander. Doch wird der Baulärm auf dem Bergsporn auch unter den Söhnen Ludwig des Springers nicht abreißen. Vermutlich haben west- und süddeutsche Architekten und Baumeister den Steinbau geplant und umgesetzt. Die räumliche Ausdehnung schwillt auf etwa 5.500m² an. Das, noch heute, bedeutendste Kleinod, wird die Doppelkapelle. Sie stellt den hohen Anspruch der Bauherren dar. Doch lässt sich aus ihr die damalige Funktion der Neuenburg herausinterpretieren? Auch zu Beginn des 21.Jahrhunderts sind noch viele Fragen offen oder entstehen erst aus weiteren Untersuchungen.

Zeitalter der Kreuzzüge und Teilnahme der Ludowinger

Nach dem Tode Kaiser Heinrich III. 1056 werden die folgenden Jahrzehnte des deutschen Reiches zunehmend durch die Rivalität zwischen den Dynastien der Staufer und Welfen geprägt. Heftige Auseinandersetzungen entbrennen zudem zwischen den geistlichen Patriarchen von Halberstadt, Merseburg und Zeitz und den weltlichen Territorialfürsten, wie den Askanier, Wettiner und Ludowinger, von denen jeder bestrebt ist, seine Macht auszubauen. In den Ostgebieten des Reiches herrschen fast anarchische Zustände.

Während die Ludowinger zielstrebig an ihrer steilen Politkarriere arbeiten, ruft Papst Urban II. am 27. November 1095 auf dem Konzil von Clermont-Ferrand zum Kreuzzug in die „Terra Sancta“, das Heilige Land, auf. In den kommenden nahezu 200 Jahren wird die Politik von Orient und Okzident von den blutigen Auseinandersetzungen bestimmt, deren Beweggründe, wenn auch mit unterschiedlicher Gewichtung, religiöser Natur sind. Die Geschichte hingegen wird vom Ineinanderwachsen der Kulturen geprägt. Der Orient wird mit seiner fortschrittlich geprägten Lebensweise zum Lehrmeister jener, die mit ihm in Berührung kommen. Der erste Kreuzzug endet 1099 mit der Eroberung Jerusalems und der Gründung des Königreichs von Jerusalem, das die Franzosen „Outremer“ nennen.

Die Waffen ruhen auch im thüringischen Land nicht. Der Weimarer Erbfolgekrieg bestimmt die Landespolitik und das Leben der Menschen. Doch mit Friedenszeiten hält man sich nicht lange auf und reitet schon bald mit wehenden Standarten in die Schlacht am Welfesholz gegen die Kaiserlichen unter Graf Hoyer von Mansfeld (siehe Burg Allstedt). Wahrscheinlich stirbt Hermann, der Sohn Ludwig des Springers, 1114 als Gefangener des Grafen von Mansfeld auf der Festung Hammerstein. Dem zweiten Sohn des Springers, der auch Ludwig genannt wird, wird 1130 die Landgrafenwürde zugesprochen. 10 Jahre später, im Januar 1140 stirbt er als erster Landgraf von Thüringen.

Weit entfernt von der Unstrut wird 1144 in der „Terra Sancta“ der zuerst gegründete Kreuzfahrerstaat Edessa durch die Seldschuken erobert. „In Sorge“ ruft Abt Bernhard von Clairvaux zum 2.Kreuzzug auf. Auch der herrschende Stauferkönig Konrad III. bricht, begleitet von seinem Neffen Friedrich Barbarossa, im Frühsommer 1147 in Richtung Jerusalem auf. Unter den zwanzig bis dreißigtausend Kreuzfahrern befinden sich auch Ritter und Knappen aus dem Unstruttal. Die Truppen werden jedoch bereits in Anatolien geschlagen und drehen demoralisiert dem „Heiligen Land“ den Rücken. Udo I., ein jüngerer Sohn Ludwig des Springers, und Bischof von Naumburg, stirbt 1148 auf dem Rückweg in die thüringische Heimat.

Parallel rücken die norddeutschen Fürsten mit Kreuz und Schwert gegen die heidnischen Wenden vor. Allen voran die Sachsen unter der Führung des Braunschweiger Löwenherzogs Heinrich. Es wird ein kleiner Kreuzzug vor der deutschen Haustür zur Sicherung und Erweiterung der Grenzen und eigenen Profilierung im Reich.

Durch seine Ehe mit Jutta, der Halbschwester des späteren Kaisers Friedrich I., tritt der thüringische Landgraf Ludwig II. an die Seite der Stauferdynastie. Die spätmittelalterliche Volkssage wird berichten, dass „der Eiserne Landgraf“ seinen Beinamen dafür erhalten hat, dass er als Beschützer der Armen gegen den Adel, dessen Rache fürchtend, stets im Harnisch gekleidet ist. Unter dem ältesten Sohn Ludwigs I. wird die Neuenburg entsprechend ihrer hohen politischen Zuordnung weiter ausgebaut. Die Expansion der ludowingischen Landesherrschaft spiegelt sich nicht nur im Baugeschehen auf dem Berg, sondern auch unterhalb desselben wider. An der Unstrut wird kräftig investiert. Das zunächst dörfliche „suburbium“ Freyburg entwickelt sich prächtig weiter und sieht als „oppidium“, mittelalterliche Stadt, rosigen Zeiten entgegen.

Kämpfe im Heiligen Land und deutschen Reich, die Burg im Zentrum europäischer Politik

Am 5. März 1152 wird der Schwabe Friedrich in Frankfurt zum König gewählt; am 9. März 1152 in Aachen gekrönt. In den folgenden Jahren ist der „Eiserne“ Ludwig mit seinem königlichen Schwager zunehmend außer Landes unterwegs. 1157 folgt Ludwig seinem Kaiser auf dem Polenfeldzug. Italien, Mailand und der Reichstag auf den Ronkalischen Feldern folgen. Nur wenige Wochen hält sich Ludwig II. im Reich auf. 1166/ 68 kämpfte er mit seinen Bundesgenossen gegen den Braunschweiger Löwen Heinrich, dessen Besitzungen im Werratal einen Keil zwischen die ludowingischen Besitzungen getrieben hatten. Der zweite Polenfeldzug wird die letzte Teilnahme Ludwigs II. am Reichsgeschehen. Der Besuch Kaiser Friedrichs I. am Krankenbett des Landgrafen auf der Neuenburg 1172 lässt das enge Verhältnis beider Ritter erkennen.

Zahlreiche Legenden werden sich auch nach dessen Tod um den Eisernen Landgrafen ranken. Die lebende Mauer ebenso wie die Sage vom Edelacker oder die vorzeitige Grabtragung.

Der Sohn Ludwigs II., Ludwig III., entwickelt durch eine vorsichtige und geschickte Politik die Landgrafschaft zur Vormacht im mitteldeutschen Raum. Später wird er den Beinamen „der Milde“ erhalten. Doch durchzieht eine Kette von Verwüstungen und mörderischen Schlachten auch die Jahre seiner Herrschaft. In der Schlacht bei Weißensee gegen Heinrich den Löwen gerät der Landgraf mit seinem Bruder Hermann am 14.05.1180 in die Gefangenschaft Heinrichs. Doch der Braunschweiger Löwe hat wenig Glück. Schnell wendet sich das Blatt und die Gründe für Reichsacht und Exkommunion finden ihren Weg in zahlreiche Geschichts- und Lehrbücher. Auf den Knien leistet der gebrochene Heinrich auf dem Erfurter Reichstag 1181 vor seinem Kaiser Friedrich I. Abbitte.

Die zwei Ludowinger ihrerseits kommen frei und Hermann wird 1181 mit der Pfalzgrafschaft Sachsen belehnt. Hermann, in der Erbfolge hinter Ludwig stehend, wird sich bis zum Tode seines Bruders vorwiegend auf der Eckartsburg und der Neuenburg aufhalten. Die Burg oberhalb der Unstrut wird zum Zentrum mittelalterlich-höfischer Kultur. Der Landgraf ist als Kunstliebhaber bekannt und Förderer der hochmittelalterlichen Minne. Heinrich von Veldecke zieht wahrscheinlich auf der Neuenburg ein, wo er 1184 sein Werk „Eneit“ vollendet. Veldecke, der zu den gefeierten Entertainern seiner Zeit und zu den bedeutendsten Epikern überhaupt gehört, wird mit seinem Wortspiel und Witz Wegbereiter der deutschen Minnesangdichtung. Auch die späteren Stars der hochmittelalterlichen Minne, Walther von der Vogelweide und Wolfram von Eschenbach, lädt Landgraf Ludwig in seine thüringischen Lande. Ob die Künstler auch die Neuenburg besuchen, bleibt jedoch Spekulation.

Das Heilige Land. Im Oktober 1187 erobert Sultan Saladin Jerusalem und beginnt, die Kreuzfahrerstädte in Palästina auszulöschen. Das Königreich von Jerusalem besteht zu dieser Zeit im wesentlichen nur noch aus einigen Städten und etlichen Burgen der sich heftig befehdenden Ritterorden, den Templern und Johannitern. 1189 ziehen der deutsche Kaiser Friedrich I. Barbarossa, der englische König Richard I. Löwenherz und Phillip-August von Frankreich mit ihren Truppen in den heiligen Krieg. Dieser 3.Kreuzzug wird drei Jahre später mit der Rückeroberung des Küstenstreifens von Tyros bis Jaffa durch Richard I. Löwenherz enden.

Doch vorerst einen Schritt zurück. Im Mai 1189 bricht Barbarossa als erster mit seinem Heer auf. Über ein Jahr dauert die Reise bis nach Kleinasien. Am 10.Juni 1190 kommt es zur Katastrophe. Der 67jährige Kaiser ertrinkt im Fluss Saleph in der heutigen Türkei. Ludwig III., durch Geschäfte in Anspruch genommen, bricht unabhängig vom Heer nach Süditalien auf, setzt von Brindisi nach Tyros über und reiht sich vor Akkon in die Reihen der Belagerer ein. Ein schweres Leiden zwingt den Thüringer, die Rückreise anzutreten. Doch wird er die schattigen Wälder Thüringens nicht wiedersehen. Am 16.10.1190 stirbt er auf See vor Zypern. Sein Bruder Hermann I., an den Kämpfen vor Akkon und der Gründung des Deutschen Ritterordens beteiligt, kehrt mit Bischof Berthold von Naumburg und anderen deutschen Fürsten in die Heimat zurück.

Im Zenit europäischer Macht, die Doppelkapelle und das Ende der Ludowinger

Hermann I., nun Landgraf von Thüringen, verheiratet seine Tochter Jutta mit Dietrich von Meißen aus dem Haus Wettin ins nahegelegene Weißenfels (siehe Schloss Neu-Augustusburg Weißenfels). Das Schicksal von Freyburg und Weißenfels schmiedet nun Land und Herrschaft in den folgenden Jahrzehnten eng aneinander.

Der 4.Kreuzzug 1202/04 erfolgt ohne deutsche Beteiligung. Ungeachtet der Kreuzzüge gegen Palästina beginnt 1209 der „Kreuzzug gegen den Gral“ im heutigen Süden Frankreichs. Der einzige Kreuzzug auf katholischem Boden ist gegen den „reinen Glauben“ der Katharer gerichtet. Der 5.Kreuzzug wiederum unterscheidet sich bereits im Ansatz von den bisherigen. Mehrfach verschiebt der in Sizilien lebende Kaiser Friedrich II. seine Abreise. Papst Gregor IX wird sauer und exkommuniziert den Enkel Barbarossas 1227. Trotzdem macht sich Friedrich im Jahr darauf auf den Weg und erreicht auf Verhandlungsweg die friedliche Übergabe von Jerusalem, Nazareth und Betlehem.

Auch der Thüringer Ludwig IV. folgt seinem Kaiser. Doch sein Ziel wird er nicht erreichen. Mit 27Jahren stirbt der Heerführer im September 1227 in Otranto an der Pest. Mit seinem plötzlichen Tod endet auch der direkte Einfluss des ludowingischen Hauses. Der kometenhafte Aufstieg der Ludowinger, die unmittelbare Teilnahme am Reichsgeschehen, die Förderung mittelalterlicher Dichtkunst, der Kreuzzug und die Nächstenliebe liefern genug Stoff für Filme im Stile Hollywoods.

Unter  Ludwig IV. tritt die Neuenburg nochmals in das Rampenlicht deutscher Politik. Durch die Heirat der 14jährigen Elisabeth von Ungarn erhält das Mittelalter ein heiliges Fürstenpaar, welche das Armutsideal des Franziskus von Assisi lebt soweit es ihnen die Landgrafenwürde zulässt. Der scheinbare Widerspruch zwischen hoher adliger Stellung und Hingabe zur geistigen und realen Demut ist typisch für die zerrissene Zeit. Bedeutende Zusammenkünfte der High Society des Mittelalters finden auf der Burg statt. Auch mehrere Aufenthalte Elisabeths an der Unstrut können nachgewiesen werden. So ist die Geschichte der Neuenburg mit einer der bedeutendsten Frauenpersönlichkeiten des Mittelalters verbunden.

In jenen Jahren wird das Obergeschoss der Doppelkapelle prachtvoll umgestaltet. Die reich gestalteten Kapitelle mit Drachen und Adlermotiven, auch die Lilienfenster werden von der rheinischen Baukunst beeinflusst. Für die zum Teil aus Kohlekalk gearbeiteten Säulenschäfte des Obergeschosses wird das Baumaterial aus den Ardennen importiert. Es ist, wie der romanische Wohnturm mit seiner Abortanlage, der letzte nachweisliche Ausbau unter den ludowingischen Landgrafen.

Die Neuenburg wird neuer Herrschaftsmittelpunkt zwischen den Gebieten Thüringen-Hessen und der Ostmark. Ludwig IV. übernimmt nach dem Tode Dietrichs von Meißen 1221 die Vormundschaft über seinen Neffen Heinrich von Meißen und so die Regentschaft über die Wettiner Lande. Doch seinen Eifer muss er gegen seine Schwester Jutta, die Witwe Dietrichs von Meißen, mit dem Schwert durchsetzen. 1223 rüstet er auf der Neuenburg auf und zieht gegen Leipzig. Er lässt Verstärkung von der Neuenburg kommen und zieht erfolgreich nach Tharandt, Dresden und Naunhof weiter. Im Juli ist der Feldzug beendet. Herzog Otto von Meranien vermittelt 1224 auf der Neuenburg zwischen den Geschwistern. Vom Kaiser Friedrich II. erhält Ludwig IV. die Eventualbelehnung der Marken Meißen und Lausitz und „soviel vom Lande Preußen, wie er erobern und seiner Herrschaft unterwerfen kann“.

Nach Ludwigs plötzlichem Tod wird Elisabeth von ihrem Schwager Heinrich Raspe vertrieben und stirbt 1231 in Marburg mit 24 Jahren an Erschöpfung.

Der 6. und 7.Kreuzzug erfolgen allein auf Initiative des Franzosen Ludwig IX. dem Heiligen. Dessen Erfolge fallen jedoch spärlich aus und sind nur von kurzer Dauer. Letztendlich fällt der König selbst während der Belagerung von Tunis 1270 der Beulenpest zum Opfer. Am 18. Mai 1291 schließt sich mit dem Fall Akkons der letzte Vorhang im Kreuzzugsdrama.

Unter den Wettinern, Umbauten und weitere Kriege

Neben zahlreichen wissenschaftlichen Entdeckungen und technischen Entwicklungen bestimmt in erster Linie die strikte Durchsetzung des Fehderechts den Alltag im Mittelalter. Ein trauriger Grund dafür, warum jene Zeit noch heute „finster“ gezeichnet wird. Aber nicht von der Hand zu weisen. In den 40er Jahren des 13.Jahrhunderts eskalieren die Auseinandersetzungen zwischen Papst Innozenz IV. und Kaiser Friedrich. Heinrich Raspe wird im Mai 1246 zum Gegenkönig gewählt. Ein Jahr später, im Februar, stirbt er als letzter Ludowinger.

Was nun folgt, sind 17 Jahre Krieg und Verwüstung. Die Schlacht um das ludowingische Erbe hat begonnen. Die Anzahl der Parteien, die sich ihre Scheibe vom Kuchen abschneiden wollen, ist groß. Doch die beiden Hauptkontrahenten um das Erbland bleiben letztlich Sophie von Thüringen, die streitbare Tochter der heiligen Elisabeth, und der Wettiner Heinrich, Markgraf von Meißen. Um die Anteile an den ludowingischen Besitzungen so groß wie möglich zu halten, wird der Verteilungskampf mit blutiger Härte ausgetragen. Am Ende dieses „Thüringischen Erbfolgekrieges“ sind Hessen und Thüringen politisch für die kommenden Jahrhunderte geteilt.

Allein der ludowingische Löwe im Wappen spiegelt die alte Verbindung wider. 1264 kommt es zum Friedensschluss. Heinrich und somit dem Haus Wettin fallen neben anderen Besitzungen Freyburg und die Neuenburg zu. Den Titel „Landgrafen von Thüringen“ führen die Markgrafen von Meißen weiter. Doch die glorreichen Jahre von Freyburg sind vorüber. Was folgt sind Verpfändungen, Legenden und Vergessen.

Die Chroniken des Jahres 1293 verzeichnen die Belagerung der Neuenburg durch König Adolf von Nassau, der die Anlage in seinen Besitz bringen kann. Doch seine Bemühungen, so im Wettiner Land Fuß zu fassen, werden durch seinen gewaltsamen Tod im Sommer 1298 in der Schlacht bei Göllheim beendet (siehe Schloss Neu-Augustusburg Weißenfels). Einige Jahre später befinden sich Stadt und Burg an der Unstrut als Merseburger bzw. Magdeburger Lehen in den Händen des Markgrafen Otto von Brandenburg. 1332, die Kriegstechnik steht vor einem neuen Quantensprung, bringt Markgraf Friedrich der Ernsthafte die Neuenburg zurück in Wettinischen Besitz. Bis 1815 bleiben Stadt und Burg nun in den Händen der Sachsen.

Das 14.Jahrhundert ist geprägt durch Auseinandersetzungen weltlicher und geistiger Machtmenschen, Kriege, Hungersnöte, Pest und millionenfachen Tod. Selbst Gott scheint sich abgewandt zu haben. 1378 kommt es durch die Doppelwahl der Päpste Urban VI. und Clemens VII. zum Großen Abendländischen Schisma, welches die Kirche in zwei Lager spaltet. 1414 wird auf dem Konzil in Konstanz die Einheit der Kirche nach über dreijährigen Verhandlungen wiederhergestellt.

Viel Wasser fließt die Unstrut hinunter. Der Fluss zwängt sich zwischen Schweigenbergen und Muschelkalkplateau hindurch. Auf dem Bergsporn setzt eine enorme Bautätigkeit ein. Der wehrhafte Charakter der Anlage wird den neuen Ansprüchen der Wohnkultur angepasst. 1401 bis 1404 wird eine neue Schlossküche an heute unbekannter Stelle erbaut. Erhaltene Rechnungen lassen auf weitere Arbeiten zwischen 1449 und 1459 schließen.

Doch der große Glaubenskrieg steht erst in den Anfängen. Die Verwüstungen des Schmalkaldischen Krieges ziehen auch ins Unstruttal. Die Neuenburg wird hart bestürmt und in Mitleidenschaft gezogen. Nach der Schlacht bei Mühlberg an der Elbe 1547 siegt das katholische albertinische Lager unter Herzog Moritz.

Unter seinem Bruder August verändert die Neuenburg ihr Aussehen. Nach seiner Heirat mit der dänischen Königstochter Anna nutzt der Sachse, der ab 1548 in Weißenfels residiert, die Anlage verstärkt. Mauern und Wände werden abgerissen, Decken neu eingezogen. 1589 notiert der Amtschreiber von Freyburg „Das Schloß Freyburgk mitt zimblichen Bewohnungen, Khammern, Einem Kirchlein, Zweyenn Thurmenn, Ställen, Zweyen Kelttern, Böttiger Hauß, Gehrhaus, Kuchen, Gewelbenn, vnnd einer Badtstuben“. Im Fürstensaal wird das Türportal mit den Wappen des sächsischen Herzogs und der Dänin veredelt. Die Anlage ist wieder „up to date“.

Dreißigjährige Verwüstung und Barocke Auferstehung, Weinanbau und Wasserordnung

In den 1440er Jahren führt der Familienkrach im Hause Wettin dazu, dass Herzog Sigismund von Sachsen von seinen Brüdern auf der Neuenburg inhaftiert wird. Im Oktober 1445 teilen sich die tief verstrittenen Brüder Kurfürst Friedrich und Herzog Wilhelm die Wettinischen Lande. Außer Weißenfels und Mücheln fällt auch das Amt Freyburg mit der Neuenburg im sogenannten Hallischen Machtspruch Herzog Wilhelm zu. Doch den zahlreichen Intriganten am Hofe ist es zu danken, dass im folgenden Sommer der „sächsische Bruderkrieg“ beginnt, der auch an Saale und Unstrut mit unvermittelter Härte geführt wird. Im Sommer 1450 überschlagen sich die Auseinandersetzungen. Kurfürst Friedrich V. und der verbündete Naumburger Bischof ziehen mit ihren Truppen in wilhelminisches Gebiet. Die Ämter Freyburg und Weißenfels werden geplündert und verwüstet. „Do log her vier tage unnd vorbrante das lant dar ummeher gancz abe …“, beschreibt Konrad Stolle in seiner Chronik der Jahre 1430 bis 1505. Danach ziehen die Truppen brandschatzend über Nebra nach Eckartsberga und Buttstädt weiter. Im Oktober übt Wilhelm Vergeltung und befiehlt seinen Truppen, „den Naumburger Wein abzulesen“. Erst nach dem Friede von Naumburg 1451 schweigen die Geschütze.

1485 kommt es zur „Leipziger Teilung“. Das wettinische Territorium wird unter Kurfürst Friedrichs Söhnen Ernst und Albrecht geteilt. Ein folgenschwerer Entschluss. Nordthüringen, wozu auch Freyburg gehört, wird Albrecht zugesprochen. Die Länderteilung wird bis 1918 die sächsisch-thüringische Geschichte beeinflussen.

Die Folgen der Bauernaufstände von 1525 werden mit Säkularisierungsprozessen der kirchlichen Besitztümer zielstrebig ausgenutzt. 1539 stirbt der Landesvater Herzog Georg der Bärtige. Der Sachse aus der albertinischen Linie der Wettiner war zeitlebens ein entschiedener Gegner der Reformation und ging während und nach den Aufständen mit großer Härte gegen die rebellischen Bauern vor. Erst mit dem Amtsantritt seines Bruders Heinrich hält der protestantische Glauben offiziell Einzug im albertinischen Sachsen.

Die volle Wucht des Dreißigjährigen Krieges erreicht das Städtchen an der Unstrut 1631. Am Sonnabend, den 27.August, fallen 300 Kürassiere des kaiserlichen Generals Gottfried Heinrich Graf zu Pappenheim in die Stadt ein. Türen, Fensterläden und Butzenscheiben werden eingetreten; Möbelstücke zerbersten, Stühle und Tische. Die Stadt wird an zwei Stellen in Brand gesteckt. Das Feuer findet im Fachwerk reichlich Nahrung und greift rasch um sich. Auch die Burg bleibt nicht ungeschoren.

1632 plündern die berüchtigten Holkschen Freischärler, später die Schweden unter Bauer und Königsmark Stadt und Burg. 1640 schreibt der Freyburger Amtmann an seinen Kurfürsten „E. Churf. Durchl. Gebe ich Vnterthänigst zu vernehmen, dass die Schloßgebeude alhier beyden bisherigen Kriegszeiten, da Zum öffteren guarnisionen droben gelegen haben, dermaßen ruinirt, dass kein Fenster, ofen, Thor, Thür, Banck, fast kein Bret ich geschweige ein Boden Vorhanden, worauff man etwasvon getreyde schütten könnte, die Tachnung habe ich Zwar bestiegen vnd außbeßern lassen, aber es hilfft so viel als es kann“. Am Ende des Krieges aller Kriege sind Landschaften verödet, Städte auf Jahrzehnte zerstört und Dörfer für immer von der Bildfläche verschwunden. 

1653 erlässt Kurfürst Johann Georg eine Wasser- und Mühlenordnung für die Unstrut, in der die Mindestbreiten für die einzelnen Flussstrecken, der Reinigungszwang für Bett und Ufer und weiteres festgelegt wird. Nach dem Tode Johann Georgs im Oktober 1656 erbt sein Sohn August das Herzogtum mit Freyburg. Es ist die Zeit des Barock und der Herzöge von Sachsen-Weißenfels. In den kommenden 100 Jahren wird geplant, gebaut und wieder geplant. Die Neuenburg wird repariert, ausgebaut und umgestaltet. Im großen Stil. Nicht Verteidigung steht nun über den Bauzeichnungen, sondern barocke Lebensart. Später noch ein wenig Rokoko. Zeughaus und Ställe werden neu errichtet. Mit dem Bau des Brunnen hat der alte Eselsweg, auf dem das Wasser mit Eseln aus der Stadt heraufgeschafft wurde, ausgedient. Die neue Schlosskapelle wird im September 1675 geweiht. Bis 1719 folgen die Wohnbauten. „Fürstenbau“, Galerieflügel und Jägerhaus unterstreichen den neuen Status der Neuenburg. Die Anlage ist nun Nebenresidenz und Jagdschloss der Herzöge von Sachsen-Weißenfels. Barockgärten sind in jenen Jahren der große Schrei. Die Neuenburg schließt sich dem Trend an – inklusive Lusthaus.

Kriegsereignisse, Sachsens Niedergang und das Ende der Neuenburg

Seit der herzoglichen Zuwendung auf Neu-Augustusburg in Weißenfels befindet sich die gesamte Region im wirtschaftlichen Aufschwung. Auch der durch den Dreißigjährigen Krieg brachliegende Weinbau lebt wieder auf. Herzog Johann Georg informiert in einer Freyburger Amtsakte 1702 den Amtsschreiber Feyerlein, „umgehend für die Wiederaufrebung zu sorgen und den Weinbergbesitzern bei Wiederaufrebung Freijahre in Aussicht zu stellen“.

Durch neue Kämpfe werden die Anweisungen durchkreuzt. 1706 tobt der „Nordische Krieg“ und die Truppen Karls XII. von Schweden marschieren auf der Neuenburg ein. Die Kampfhandlungen werden im September mit dem Frieden von Altranstädt beendet. Die Sachsen sind die Verlierer. August der Starke muss auf die polnische Krone verzichten und ein Jahr schwedische Besatzung im Land akzeptieren.

1732 werden in Laucha an der Unstrut die ersten Glocken gegossen. Feuchte Sommer wechseln mit strengen Wintern. 1740 ist er in den sächsischen Landen so hart, dass das Erdreich metertief einfriert und fast alle Weinstöcke erfrieren. Die Obstbäume blühen im folgenden Jahr erst Ende Mai und die Pflaumen reifen gar nicht. Das Getreide wächst nur spärlich und die Preise schießen wie die vielzitierten Pilze in die Höhe.

1746 geht mit dem Tode des Weißenfelser Herzogs Johann Adolfs eine Ära zu Ende. Freyburg fällt wieder an den Kurstaat. Ein letzter Ausbau, der „Neue Flügel“, erfolgt zwischen 1755 und 1756 für den Kürfürsten und König von Polen. Doch am 29.August 1756 marschiert der Preuße Friedrich II. in Sachsen ein und beginnt den Siebenjährigen Krieg. Die Bauarbeiten werden abrupt eingestellt.

Die alte Verbindungsstrecke an der Unstrut kommt nicht zur Ruhe. Erst recht nicht in den siebenjährigen Auseinandersetzungen zwischen den europäischen Mächten und Preußen. Nachdem Friedrich II. mit 61.000 Mann in Sachsen einfällt, kapituliert die sächsische Armee kampflos.

Preußen gegen den Rest Europas. Thüringen wird Durchzugsgebiet der beiden großen Kriegsparteien und bis zum Kriegsende immer wieder schwer verwüstet. 1757 zieht Franz Ferdinand von Braunschweig mit dem preußischen Korps von Naumburg gegen die französische Hauptmacht und vom 15. bis 16.September durch Freyburg. Keine zwei Monate später, zwischen dem 23.Oktober und 04.November, lagern französische Truppen, aus Langensalza kommend, in der Stadt.

Der 05.November 1757 ist ein Sonnabend. An diesem Tag schlagen die Preußen die Franzosen. Die denkwürdige Schlacht von Rossbach geht in die Geschichte ein und Freyburg sieht die flüchtenden Franzosen wieder. In den frühen Morgenstunden des nachfolgenden Tages kommen die nachsetzenden Preußen an den Fluss. Da alle Unstrutbrücken niedergebrannt sind, befiehlt Friedrich II. den Bau einer Notbrücke. Der König selbst wird die Stadt nicht betreten. Bis zum Dienstag werden, neben Generalfeldmarschall Keith und Prinz Moritz von Dessau, preußische Truppenverbände in Freyburg einquartiert.

Das Kriegsglück wechselt. 1759 kommt es zur vollständigen Niederlage Preußens bei Kunersdorf, der eine schwere Staatskrise folgt. Die Kriegstrommel dröhnt weiter. Die Staatskasse muss gefüllt werden. Zahlreiche Landeskinder werden in die nordamerikanischen Kämpfe verkauft. Seit 1754 hält der „French and Indian War“ zwischen Großbritannien und Frankreich an. Doch letztlich ist das Glück auf Seite der preußen. Nach Kriegsende ist die Position Preußens in Europa gefestigt. Die glorreichen Zeiten sächsischen Kürfürstentums hingegen sehen ihrem Ende entgegen und die Neuenburg verliert endgültig ihren jahrhundertealten Status.

Preußische Staatsdomäne, sozialistische Verwaltung und Neubeginn

1770 erfolgt die Auflösung der Anlage. So schnell wie das Mobiliar an die Höfe Dresden und Weißenfels geschafft wird, so sehr überschlagen sich die neuen Nutzungsideen für die ludowingische Burganlage. Armen- und Arbeitshaus, Landwehrzeughaus, Gefängnis. Alles jedoch Gedankenspiele. Stadt und Burg stehen schlimmere Zeiten erst noch bevor.

Der Übergang vom 18. ins 19. Jahrhundert gestaltet sich turbulent. Das Rokoko neigt sich dem Ende; in Dänemark die Leibeigenschaft. Europa ist im Aufruhr. Die französische Revolution beginnt im Sommer 1789 mit dem Sturm auf die Bastille und fegt als Orkan über den Kontinent. Im Juni 1792 marschieren preußische Truppen über die Unstrut in den ersten Koalitionskrieg. Der Fluss selber wird seit zwei Jahren auf Anordnung des sächsischen Kurfürsten Friedrich August III. schiffbar gemacht. Bis 1795 werden die Arbeiten andauern, zwölf Schleusen erbaut sein und die realen Baukosten gegenüber den genehmigten um das Dreifache gestiegen sein. 

Freyburg bleibt im Dauerstress. Am 30.September 1806 besichtigt König Friedrich Wilhelm von Preußen mit seiner Frau Luise die Neuenburg. Seitdem sich die Königin „an der herrlichen Aussicht von einem Eckzimmer“ aus erfreute, trägt das Zimmer den Namen der Preußin. Die Ereignisse der folgenden Jahre stehen in den Geschichtsbüchern. 1813 kommt es zur Völkerschlacht bei Leipzig. Die Truppen Napoleons verlieren und ziehen sich durch das Freyburger Tal zurück. Beißende Rauchschwaden und das dumpfe Grollen der Kanonen begleiten den Rückzug im Oktober. Der französische Kaiser selbst koordiniert den Übergang über die Unstrut. Einige Stunden nach Napoleon Bonaparte nehmen Feldmarschall Blücher und Prinz Wilhelm von Preußen in der Stadt Quartier. In den folgenden Jahrzehnten werden immer wieder unterschiedlichste Ausrüstungsgegenstände gefunden, die auf der Flucht verloren gingen. Gewehre, Koppel, Halfter, Bajonette werden später im Bergfried ausgestellt.

22. Mai 1815. Die Neuenburg fällt als preußische Staatsdomäne an das Königreich Preußen. Die mächtige Anlage bricht indessen immer mehr zusammen. Einzelne Gebäude müssen wegen Baufälligkeit abgebrochen werden. Der Oberlandesbaudirektor Karl Friedrich Schinkel lässt Pläne erarbeiten, welche die Burg künstlich zu einer Ruine gestalten sollen. Die Kosten zur Erhaltung sind jedoch zu hoch. Die Pläne kommen zu den Akten.

Geprägt von Napoleons imperialer Herrschaft fordern die Liberalen und Demokraten Europas ein Staatenwesen auf Grundlage „rassischer und sprachlicher Zusammengehörigkeit“. Die Idee des Nationalstaates ist geboren und wächst in mehrfacher Hinsicht über sich hinaus.

1845 und 1846 verschärft sich durch Missernten die soziale Not der Bevölkerung Deutschlands. Im März 1848 kommt es zur Eskalation. Auch in den mitteldeutschen Kleinstaaten führen die aufgestauten politischen und sozialen Probleme zu Ausschreitungen gegen Fürsten und Landesregierung. Eine Forderung der liberalen Opposition ist die Rede-, Presse- und Versammlungsfreiheit. Das Pressewesen erlebt daraufhin einen ungeahnten Aufschwung.

Auch die mittelalterliche Anlage über der Unstrut sieht Licht am Ende des Tunnels. In den 1850er Jahren kommt es, nach langen Diskussionen in den zuständigen Ämtern, zu intensiven Instandsetzungsarbeiten der Burganlage unter Leitung von Ferdinand von Quast. Der Fürstenbau wird als Wohnung saniert. Im September 1853 übernachtet König Friedrich Wilhelm IV. in den hergerichteten Räumen. Doppelkapelle, Rittersaal und Jägermeisterzimmer können wie der Kirchsaal unter Führung des Schlosskastellans besichtigt werden. Die Behörden ziehen auf der Neuenburg ein.

Das 20.Jahrhundert, Niedergang und Neuanfang

1856 wird in der kleinen Stadt an der Unstrut die „Freyburger Champagner-Fabrik-Gesellschaft“ gegründet und bereits 10 Jahre später wieder liquidiert. Die Wiederaufstehung lässt nicht lange auf sich warten und die Sektkellerei „Kloss & Foerster“ bringt 1894 „Rotkäppchen“-Sekt auf den Markt.

Die großen Kriege des letzten Jahrhunderts finden an anderen Fronten statt. Massenhaft melden sich Jugendliche auch aus den preußischen Landesteilen freiwillig zu den Schlachten des ersten Weltkriegs. In den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts wird die Obergauführerinnen-Schule auf dem Berg eingerichtet, 1935 das Heimatmuseum eröffnet. Im April 1945 stehen die Amerikaner im Unstruttal. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges steigt die Zahl der Flüchtigen aus den Ostgebieten. Die Räume der Neuenburg dienen als Wohnung. Vorübergehend.

Die Amerikaner ziehen sich entsprechend den Verträgen von Jalta in den Westen zurück und die Gegend fällt für die nächsten 40 Jahre unter die sowjetische Besatzungsmacht. Nach der Verwaltungsreform 1952 gehört die Neuenburg zum Bezirk Halle.

Die Vorburg wird von der LPG genutzt. 1951 wird das Museum als Teil der Landesgalerie Sachsen-Anhalt eröffnet. Später wird es zum Staatlichen Museum Schloss Neuenburg umbenannt. Sporadisch werden die notwendigsten Instandsetzungsarbeiten durchgeführt. Ende 1970 wird die Burg wegen Schwammbefall geschlossen. Die begonnenen Reparaturen ziehen sich hin, stagnieren.

Das politische Bild der DDR wird seit 1971 durch den Saarländer Dachdecker Erich Honecker geprägt. Das Bild der Neuenburg hingegen durch rostigen Maschendraht und verwitterte Bauschilder. Umfangreiche Bauforschungen und Archivstudien werden seit 1985 in der Doppelkapelle vom Institut für Denkmalpflege, Arbeitsstelle Halle, unternommen. Die Forschungen stoßen auf keine große Gegenliebe. Nach Aussage der zuständigen Archäologen sind der damaligen Museumsleitung die vom Institut „geforderten Forschungen ohnehin nicht angenehm“.

1983 wird der Bergfried „Dicker Wilhelm“ eröffnet. Während eines Sommergewitters im Juni 1989 schlägt ein Blitz in den nördlichen Galerieflügel ein und zerstört den Dachstuhl. Den politischen Herbststürmen folgt am 25.November der Sturm auf die Burg. Eine Freyburger Bürgerinitiative erzwingt den Zugang zur Anlage und findet die ehemalige Residenz in einem beklagenswerten Zustand. Apokalypse Neuenburg. „Wo ist das Geld geblieben, das zu DDR-Zeiten in die Restaurierung geflossen sein soll? Von immerhin 6,5 Millionen Mark war die Rede. Zu sehen davon ist nichts.“, fragen die Anwohner in einer Niederschrift.

Es wird Anzeige erstattet. Die angestrengten Untersuchungen der Staatsanwaltschaft verlaufen jedoch im Sande und das Verfahren wird nach Monaten eingestellt. Im Juni 1990 gründet sich aus der Bürgerinitiative der Verein zur Rettung und Erhaltung der Neuenburg e.V. Trotz des trostlosen Zustandes wird der Neubeginn gewagt.

Auferstehung der mittelalterlichen Neuenburg, Wirtschaftsfaktor und Ausblick

Es ist eine Mammutaufgabe, der sich die Mitglieder der Bürgerbewegung stellen. Nach 20 Jahren Stillstand wird die altehrwürdige Anlage später wie folgt beschrieben. „Der Zustand des Museumsgutes ist kaum zu beschreiben. Gobelins und wertvolle handgearbeitete Fahnen liegen achtlos verstreut zwischen historischen Möbeln unter undichten Dächern oder in feuchten Kellern. Einige großformatige Ölgemälde … dienen als Abdeckungen für wahllos zusammengeschobenes Inventar Noch größer ist der Schock bei näherem Ansehen der historischen Gebäude. Die romanische Doppelkapelle zeigt alle Spuren der Verwahrlosung. Wie ein Lauffeuer verbreiten sich in der Stadt die Berichte über den wahren Zustand der Burg.“

Ein Kraftakt, der mit Baustellen-Führungen beginnt und die Anlage wieder ins öffentliche Bewusstsein über die Freyburger Ortsschilde hinaus bringt. Kommissarische Leiterin der Neuenburg wird die bis dahin freischaffende Kunstwissenschaftlerin Kristin Glatzel. Für Nutzungs- und Museumskonzepte wird die Werbetrommel gerührt. Interviews und „Betteltouren“ werden geführt, Bündnisse geschlossen. Obwohl die notwendigen Finanzmittel zur Erhaltung und zum Wiederaufbau des riesigen Bauwerks astronomisch sind, gibt der Erfolg den Mitarbeitern letztendlich Recht.

In den gesamten 1990er Jahren, insbesondere in der ersten Hälfte finden umfangreiche bauarchäologische Untersuchungen an der Anlage statt. Im Sommer 1994 findet eine internationale Jugendbegegnung im Unstruttal statt. Jugendliche aus 22 Ländern heben die Gräben für die Burgbeleuchtung aus und schaffen die Grundlage für die nächtlichen Lichtblicke auf die Neuenburg. Im November des gleichen Jahres kehrt die Lindenholzplastik der Heiligen Elisabeth aus dem 14.Jahrhundert als Dauerleihgabe der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz Berlin auf das Schloss zurück.

Die Neuenburg entwickelt sich im 21.Jahrhundert zum Aushängeschild und Wirtschaftsfaktor einer Region, die seit den 1990er Jahren in Vergessenheit zu versinken droht. Im Herzen der Weinstraße Saale-Unstrut, des, nun ehemals, nördlichsten Weinanbaugebietes Europa, bildet die Anlage einen festen Bestandteil der Straße der Romanik. 1997 wird die „Stiftung Schlösser, Burgen und Gärten des Landes Sachsen-Anhalt“ Eigentümerin.

Seit dem 01.Januar 2005 gehört die Anlage zur „Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt“. „Ein wichtiger Schritt für die Umsetzung weiterer Konzepte“, wie Jörg Peukert im Gespräch erklärt. Der Museumsleiter betont die Wichtigkeit, durch eine gesunde Mischung aus fundierter wissenschaftlicher Forschung und dem jetzigen Zeitgeist angepassten Ausstellungen, Museumsbesucher auch langfristig zu binden. „Wir haben einen Bildungsauftrag“ bemerkt Peukert nicht ohne Stolz. Die Konzepte, Geschichte greifbar werden zu lassen und modern darzustellen, sprechen für ihn. Auch die jährlich etwa 85.000 Besucher unterstreichen die erfolgreichen Bemühungen der Verantwortlichen. Trotzdem bleibt es ein steter Kampf um finanzielle Förderer und finanzstarke Partner.

Ideelle Unterstützung gibt es von verschiedenen Seiten. „Wichtige Stütze bleibt hier der Verein, der in einer monatlichen Vortragsreihe zu verschiedensten Themen einlädt“. Die Stadt Freyburg unterstützt auch in schwierigen Situationen. Der Verbund der Ungleichen, deren Vorsitz Peukert derzeitig innehat, steht sich trotz der hauseigenen Schwierigkeiten und Probleme gegenseitig mit Rat und Tat zur Hilfe.

Wichtigstes Highlight wird das 350jährige Jubiläum der Gründung der Sekundogenitur Sachsen-Weißenfels, Merseburg und Zeitz im Jahr 2007. „Jubiläumsevents dienen dem Zweck“, weiß Peukert. Doch die barocke Seite der Neuenburg ist noch wenig erforscht und steht wissenschaftlicher und notwendiger finanzieller Unterstützung offen gegenüber. Im gleichen Jahr wiederholt sich der Geburtstag der „heiligen“ Elisabeth zum 800.mal. Die Neuenburg, im Verband der „Burgen der Thüringer Landgrafen“, will mit einer Sonderausstellung den Besuchern das Mittelalter der ungarischen Königstochter nahe bringen.

Jörg Peukert hebt mit leuchtenden Augen hervor, dass alle Altersgruppen, auch die „2 und 99jährigen“, auf der Neuenburg willkommen sind. Auf die Frage nach einem besonderen Exponat antwortet er ohne Zögern „Die Neuenburg. Das Bauwerk selbst ist unser prächtigstes Ausstellungsstück.“

SCHLUSS