BURG UND SCHLOSS ALLSTEDT

Die letzten Sonnenstrahlen streichen kühl über die Ebene hinweg, die später „Goldene Aue“ genannt wird. Inseln gleich ragen vereinzelte Ansiedlungen aus dem an Rebhühnern, Wildenten und anderem Federwild reichen Sumpfland hervor. Mächtig reckt sich am Ostrand die Silhouette eines Bergsporns gegen den dunkler werdenden Himmel. Es ist die Zeit des Mittelalters, das noch heute „finster“ durch die Geschichtsbücher geistert. Die fränkische Machtentfaltung der Karolinger steht in voller Blüte. Grimmige Schlachten toben mit den Friesen, Bayern, Awaren und, mehr als dreißig Jahre, mit den Sachsen.

Bedeutendste Pfalz Kaiser Otto II., Todesurteile und Beginn des Bergbau

Vor über 1.200 Jahren fällt das Sumpfland in das östliche Grenzgebiet des Frankenreiches. Der Bergsporn am Ostrand wird als Stützpunkt auserkoren und dient der Absicherung der Grenzmark gegen die Slawen. In den folgenden Jahrzehnten wachsen Sieger und Besiegte zusammen. Sächsische Adelsfamilien heiraten in fränkische hinein und nach dem Zerfall des Frankenreiches tritt das reiche Adelsgeschlecht der Liudolfinger, die späteren Ottonen, besonders hervor.

In den Jahren 880 bis 899 wird im Hersfelder Zehntverzeichnis die „Urbs Altstediburg“ mehrfach erwähnt. Allerdings fehlen noch heute aussagekräftige Befunde dieser karolingischen „Altstediburg“ und einer jüngeren Pfalz.

919 wird der Sachse Heinrich I. zum König gekrönt. Die Gegend um Allstedt wird Hausbesitz der Liudolfinger und erlangt in den kommenden Jahren besondere Bedeutung. 935 stellt Heinrich I. auf der heute als Reichspfalz der Ottonen bekannten Burganlage die erste Urkunde aus.

Die Reichspfalzen dienen, wie sicher bekannt ist, der direkten Machtausübung vor Ort. Verwaltet werden die Pfalzen durch Pfalzgrafen. Zahlreiche Besuche mit Reichstagen, Gerichts- und Hoftagen werden in den nächsten einhundert Jahren auf dem Bergsporn gehalten. Unter Kaiser Otto I. gewinnt die Pfalz, die in unmittelbarer Nähe zu den anderen Pfalzen Memleben und Tilleda liegt, zunehmend an Bedeutung. Allstedt reiht sich ein in die Wanderpfalzen der sächsischen, salischen und hohenstaufischen Kaiser und hebt sich doch schillernd hervor als bedeutendste Pfalz Otto II. Der Ort avanciert zu dem vom Kaiser meistbesuchten Aufenthaltsort, den auch die Kaisermutter Adelheid und die Byzantinerin Theophanu mit ihrer Anwesenheit beehren.

Nach dem Tod Kaiser Ottos III. am 23.Januar 1002 in Italien kommt es zum Machtgerangel. Neben dem letzten Angehörigen des ottonischen Königshauses Heinrich bewirbt sich auch der Markgraf von Meißen Ekkehard um den Kaiserthron. Eine heftige Privatfehde entbrennt, in welcher der Merseburger Graf Esiko die Pfalzen Merseburg und Allstedt für Heinrich behaupten kann.

1014 wird Heinrich II., Urenkel des Sachsen Heinrich I., auf der Pfalz zum Kaiser gesalbt. Der Herrscher fällt hier am 20.November 1014 das Todesurteil über Markgraf Werner, den Entführer seines Mündels. Am 06.Januar 1017 wird auf der Pfalz ein Waffenstillstand mit Herzog Boleslaw unterzeichnet (siehe Schloss Merseburg). Im Oktober 1021 versichert sich der Kaiser der Treue der sächsischen Fürsten vor seinem Italienfeldzug. Insgesamt vierzehnmal hält der Kaiser aus der bayrischen Nebenlinie Hof auf der Pfalz.

In jenen Jahren, der Grönländer Leif Erikson segelt nach Nordamerika und betritt als erster Europäer das sagenumwobene Vinland, erhält die Pfalz ihre größte Ausdehnung mit einem äußeren Spitzgraben. Für die geistige Versorgung wird der Zehnt einige Jahre an die Abtei Memleben abgeführt.

Im Jahre 1002 werden in den Allsteder Annalen erstmals die Pfalzgrafen aus dem Gosecker Geschlecht erwähnt. 1015 fällt der Zehnt wieder an die Hersfelder Abtei zurück. Da die Gosecker Linie keinen Erbberechtigte hinterläßt, fällt 1088 die Pfalzgrafschaft an die verschwägerten Grafen der Sommerschenburg. Bevor es im Jahre 1115 zur Schlacht am Welfesholz bei Hettstedt kommt, wird die Königsburg Allstedt zerstört. Am 11.02. kommt es zur Niederlage des Kaisers Heinrich V. gegen die sächsischen und thüringischen Fürsten unter Herzog Lothar von Supplinburg. Die Schwächung des Königshauses werden die Landesfürsten in den folgenden Jahren nutzen, um ihre Gebiete zu stärken und auszubauen.

Unter Wettinern und Querfurtern, Krieg und Leiden des 14.Jahrhunderts

Der Kreuzzugsgedanke von Papst Urban findet erst spät in den nördlichen Regionen des christlichen Abendlandes Anklang. Zur Zeit des Stauferkönigs Konrad III. brechen sächsische Kreuzritter 1147 zum Wendenkreuzzug auf und erobern die Gebiete der heutigen Altmark zurück.

1180 belehnt Kaiser Friedrich Barbarossa seinen Neffen Ludwig III. aus dem Haus der Ludowinger zum „Lohn für viele Dienste“ und erweitert so den Herrschaftsbereich des thüringischen Adelsgeschlechts beträchtlich (siehe Schloss Neuenburg – Freyburg). Acht Jahre später lässt er seinen letzten Reichstag ausrichten. Am 10.Juni 1190 ertrinkt der Stauferkaiser auf dem 3.Kreuzzug ins gelobte Land.

Im Mansfelder Revier fördern um das Jahr 1199 die (sagenhaften) Bergleute Nappian und Neuke als Erste Kupfererz zu Tage und erschließen der Gegend einen beträchtlichen Wirtschaftszweig. Auf der politischen Seite verliert die Funktion der Pfalzgrafen dagegen immer mehr an Bedeutung.

In den kommenden einhundert Jahren wechseln die Verwaltung und Besitzverhältnisse der Allstedter Anlagen so schnell, wie das Rittertum zum Raubrittertum verkommt. Es ist ein schwieriges und nur schwer zu durchschauendes Geflecht der Eigentumsverhältnisse. 1216 übereignet Ludolf von Allstedt sein Recht an St.Wigbert dem Kloster Kapellendorf. 1238 und auch 1253 erscheint Burchard von Querfurt als „scultetus in palatio“ in den Unterlagen.

Mit dem Tode des letzten thüringischen Landgrafen Heinrich Raspe IV. erlischt 1247 das Geschlecht der Ludowinger. Thüringen steht am Scheideweg und fällt an das sächsische Haus Wettin unter Heinrich dem Erlauchten, Markgraf von Meißen. Obgleich Heinrich bereits 1243 durch Kaiser Friedrich II. die Würde und Ländereien dieser sächsischen Pfalzgrafschaft durch die „Eventualbelehnung“ versprochen bekam, muss er um das thüringische Erbe kämpfen. Den thüringischen Erbfolgekrieg kann Heinrich gegen seine Cousine Sophie von Brabant, eine Tochter der Heiligen Elisabeth, für sich entscheiden. Doch die blutigen Auseinandersetzungen haben beide Parteien tief verschuldet und so sieht sich der Wettiner Heinrich, nun Landgraf von Thüringen, gezwungen, Allstedt zu verpfänden und schließlich abzugeben.

1282 tritt die Abtei Hersfeld ihre Rechte am Allstedter Zehnt an das Kloster Walkenrieth ab. Sieben Jahre später versucht König Rudolf von Habsburg mit der Landfriedensordnung in Thüringen Königsgut zurückzugewinnen. Das bunte Wechselspiel an den rechtlichen Verhältnissen und Besitzhoheiten nimmt kein Ende und wird immer skurriler. 1292 tauchen Gerhard von Querfurt und Graf Friedrich von Beichlingen als Pfandinhaber in den Archiven auf. 1299 folgt Bart von Tilleda als Vogt der Grafen von Beichlingen. 1304 ist es Hinz von Wormsdorf und neun Jahre darauf ist Albrecht d.Ä. von Hakeborn Pfandinhaber. Als Lehnsträger erscheinen 1316 die Brandenburger Markgrafen auf dem Allstedter Bergsporn, während wiederum dem Graf Burchard von Mansfeld die Besitzungen verpfändet werden.

Das 14.Jahrhundert Europas ist geprägt von jahrelangen Kriegen, Hungersnöten, Pest, Verzweiflung und millionenfachen Tod. Die Kirche ist gespalten. Der Klerus lebt in Luxus und Laster und der Papst seit 1310 im französischen Avignon. Im Mai 1337 konfisziert  Philip VI. von Frankreich das Herzogtum von Gascogne und löst damit einen der längsten Konflikte der Geschichte aus. Erst im 19.Jahrhundert wird der „Hundertjährige Krieg“ seinen Namen erhalten. 1347 wird aus dem Orient die Pest nach Europa eingeschleppt. Die Epidemie reißt in den Folgejahren annähernd 20 Millionen Menschen in den Tod.

Gleichzeitig schwingt sich im Schatten des blutigen Jahrhunderts das Herzogtum Burgund im Osten Frankreichs zum eigentlichen Sieger auf. Noch heute lässt sich an den wunderschönen gotischen Rathäusern Flanderns ablesen, wie wohlhabend Städte wie Gent, Brügge und Löwen waren.

Im deutschen Reich setzt sich das alleinige Königswahlrecht der Kurfürsten durch. Endgültig entschieden wird das Königswahlrecht zugunsten der Kurfürsten nach den Reichstagen von Nürnberg und Metz 1356.

In diesen Jahren bricht in Böhmen unter dem deutschen Königshaus der Luxemburger, insbesondere unter Karl IV., das „Goldene Zeitalter“ an. Die böhmischen Lande werden zum Kerngebiet des Deutschen Reiches.

Umfangreiche Bauarbeiten und der Prediger Thomas Müntzer

Im Sommer 1369 unterzeichnet Gebhard von Querfurt den Kaufvertrag über das Allstedter Anwesen. Bis zum Aussterben des Geschlechts mit Brun VIII. 1496 wird es im Querfurter Besitz bleiben. In den folgenden Jahrzehnten beginnt eine rege Bautätigkeit auf dem Burggelände, die noch heute das Erscheinungsbild entscheidend prägen. So entsteht zwischen den drei Mauern des Westflügels ein neues Gebäude; wahrscheinlich zeitnah mit den Befestigungen der Querfurter Burg in den 60er bis 80er Jahren des 15.Jahrhunderts (siehe Burg Querfurt). Im südlichen Drittel des Baus wird ein Kellergewölbe eingerichtet, dessen vermauerter Zugang von Osten noch erhalten ist. Bis 1490 wird der Bau des Palas, der Schildmauer und des Nordflügel fertig gestellt.

Mit der Verbrennung des Prager Magisters Jan Hus am 06.Juli 1415 ist die Lunte für die Hussitenkriege gelegt. Einige Jahre später entbrennen im böhmischen Kernland des Heiligen Römischen Reiches die Aufstände. Die Kriege schwächen die Macht des Kaiser Sigismund aus dem Luxemburger Adelsgeschlecht.

Mit Albrecht II. übernimmt das Haus Habsburg die Regentschaft im Reich. Johannes Gutenberg revolutioniert das Druckwesen durch seine beweglichen Lettern und das Handelshaus Fugger gewinnt durch seine weitreichenden Verbindungen direkten Einfluss auf die deutsche Reichspolitik.

Die deutschen Städte entwickeln sich im 15. Jahrhundert zu Zentren wirtschaftlicher Macht. Der Bergbau im Mansfelder Revier erreicht unter den Grafen von Mansfeld einen wirtschaftlichen Höhepunkt. Auch das Städtchen Allstedt sieht mit dem Erhalt des Stadtrechtes um 1500 seiner Blütezeit entgegen. Seit dem Tode Brun VIII. von Querfurt 1496 befindet sich die Gegend unter Lehnshoheit des Kurfürsten Friedrich dem Weisen, der die Grafschaft erheblich fördert.

Auf dem Schloss reißen die Bauarbeiten nicht ab. In den Jahren 1507 bis 1511 wird der Westflügel unter Benutzung des Küchenbereiches aufwendig umgebaut. Im Obergeschoß werden die Gemächer Friedrich des Weisen und seines Bruders Herzog Johann eingerichtet. Wandvertäfelungen, venezianisches Fensterglas und feines Mobiliar sind den geschmacklichen Wünschen entsprechend verbaut. Neben den schlichten, kreuzstabprofilierten Vorhangbogenfenstern in der West- und Nordwand des Obergeschosses befindet sich je eine kleine Schießscharte als zusätzliche Verteidigungsfunktion.

Nachweislich leitet Hans Stern in diesen Jahren das gesamte landesherrlich-thüringische Bauwesen. In Allstedt leitet der Baumeister aus Süddeutschland auch gleichzeitig den Bau einer so genannten „postey“, der Bastion, südöstlich des Torturmes der Vorburg.

1523/ 24 werden alle Gemächer des Westflügels und anderer Gebäude anlässlich eines Besuches der fürstlichen Brüder ausgebessert.

Mit seinen papstkritischen Thesen verändert der Wittenberger Augustinermönch Martin Luther am 31.Oktober 1517 die Welt. Er ist ein Revoluzzer ohne Anhänger und Förderer, der am Anfang selbst ohne klares Ziel ist. Doch der neu erfundene Buchdruck macht den Querdenker populärer als jeden Ketzer zuvor. Ein bis dahin unbekannter Sturm erfasst das Reich und fegt über das alte Europa. Einer der glühendsten Verfechter der Reformbewegung wird der Stolberger Thomas Müntzer.

1520 kommt der 30jährige als Mitstreiter Luthers nach Zwickau und gerät unter den Einfluss der hussitisch geprägten „Zwickauer Propheten“. Müntzer tritt aus dem Schatten Luthers und predigt deutlicher und radikaler als der Wittenberger. Nach einigen Wanderjahren predigt Müntzer von Dezember 1522 bis März 1523 in Glaucha. Hier konvertiert auch Felicitas von Selmenitz, die auf Schloss Vitzenburg wohnt, zum Evangelium. Anfang April 1523 wird Müntzer vom Rat der Stadt Allstedt als Pfarrer an die Hauptkirche St.Johannis bestellt. Für den Theologen ist es endlich die Chance, ein „Gegenwittenberg“ zu gründen.

Allstedt als Zentrum der Bauernaufstände

Die kleine kursächsische Exklave Allstedt wird, wie andere thüringische Besitzungen der Ernestiner, von Weimar aus regiert. Hier residiert Herzog Johann. In der ehemaligen Kaiserpfalz wird er durch den Schosser Hans Zeiß vertreten, der auf dem Schloss wohnt. Das kleine Amt Allstedt ist von zwei mächtigen Bezirken umgeben. Von den Albertinischen Ämtern Sangerhausen und Salza sowie von Teilen der Grafschaft Mansfeld mit Eisleben im Norden und Heldrungen im Süden. So sehr Müntzer den Allstedter Rat, die Bürgschaft und Bauern der umliegenden Dörfer; selbst den hohen Beamten Zeiß in seinen Bann ziehen kann, so argwöhnisch wird seine Tätigkeit vom herzoglich-albertinischen Amtmann Sittich von Berlepsch verfolgt. Der Beamte berichtet ausführlich an Herzog Georg in Dresden.

Müntzer hofft des Schutzes Friedrichs des Weisen sicher zu sein und, im Bunde mit der Obrigkeit, in Kursachsen das Werk, welches Luther begonnnen hatte, vollenden zu können.

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts spielt Leibeigenschaft keine Rolle mehr. Die Masse der thüringischen Bauern ist durch Klein- und Kleinstbesitz an Land einem Grund- und Gerichtsherrn verpflichtet. In den ländlichen Gegenden hat die soziale Differenzierung bereits deutlich Fuß gemacht. Der Anteil an Vermögens- und Besitzlosen steigt stetig. Den Bauern und Bergleuten bleibt nur das mindeste zum Leben. 14 oder 16 Stunden Arbeitszeit sind an der Tagesordnung; die Abgaben maßlos. Das Wort „Freizeit“ ist unbekannt. Nach den Missernten 1523 und 1524 spitzt sich die Lage dramatisch zu und ein Funke scheint zu genügen, dass Pulverfass zur Explosion zu bringen.

Thomas Müntzer findet in Allstedt seine Berufung. Hier entsteht die Mehrzahl seiner liturgischen und theologischen Schriften. Er eröffnet eine eigene, wenn auch kurzlebige, Druckerei und schafft mit dem „Christlichen Verbündnis“ eine erste Organisation zur Verteidigung und Verbreitung seiner Lehren. Unmittelbar nach seiner Ankunft Ostern 1523 beginnt er mit der Reform des Gottesdienstes. Der 33jährige setzt sich für die deutsche Sprache im Gottesdienst ein und sieht das „man den Lateinischen worten will eine Kraft zuschreiben, wie die zaubrer thun, und das arme volgk vil ungelerter lassen aus der Kirchen gehen dan hineyn“. Ein Novum.

Im September kommt es zum ersten Zusammenstoß mit dem Grafen Ernst von Mansfeld. Dessen Untertanen strömen in Scharen nach Allstedt, um des „Satans“ Predigten zu hören. Der Graf verbietet es. Zum Anfang des Jahres 1524 spitzt sich die Lage dramatisch zu.

Die Übergriffe auf Kapellen und Klöster in der Umgebung nehmen ihren Anfang. Müntzer hält die Zeit gekommen, einen Bund, zunächst in einem kleinen Kreis, zu gründen. In späteren Verhören wird ausgesagt, dass „der berggesellen vnd ander vber funffhundert auff einen tag zum bundt eingeschrieben“ worden. Die eigenen Schriften und Predigten führen rasch zu gefährlichen politischen Konsequenzen für das Wirken des jungen Rebellen.

Über die Entstehung der später in die Geschichte als „Fürstenpredigt“ eingegangenen Kanzelrede ist wenig bekannt. Sicher ist, dass Herzog Johann und sein Sohn Johann Friedrich bereits am 01. Juli in Allstedt weilen. Anzunehmen ist, dass die Fürsten – Johann Friedrich befürwortet energische Maßnahmen – sich über die Allstedter Verhältnisse informieren wollen.

Für Müntzer ist die Predigt, welche sofort in Allstedt gedruckt wird, der letzte Versuch, die Ernestiner, also den Regenten Herzog Johann und seinen Sohn, für den christlichen Bund zu gewinnen. Die „Auslegung des andern vnterschyds Danielis deß propheten, gepredigt auffm schlos durch Thomam Müntzer, diener des wordt gottes“ ist eine Zukunftsvision und ein unerhörtes Wagnis. Eine Herausforderung für die kursächsischen Fürsten aber auch für Luther, Melanchthon und für alle, welche die alte Ordnung verkörpern.

Der Orkan des Evangeliums fegt über Mitteldeutschland. Das ganze Land befindet sich im Aufruhr. Und das kursächsische Amt Allstedt bildet für einen Pulsschlag der Geschichte das Zentrum.

Im Hochsommer 1524 überstürzen sich plötzlich die Ereignisse. Im Juli fällt Friedrich von Witzleben in das Dorf Schönewerda ein und verhaftet einen Teil der Anhänger Müntzers; der andere Teil wird verjagt. Die Opfer finden Zuflucht in Allstedt. Im Juli verfasst Luther „eyn briff an die Fürsten zu Sachsen von dem auffrürischen geyst“ und fordert somit offen auf, gegen den „Satan von Allstedt“ Thomas Müntzer einzuschreiten.

Allstedter Erbe, Übergriffe und vor dem Dreißigjährigen Krieg

Thomas Müntzer sieht sich gezwungen, in der Nacht vom 7. zum 8.August 1524 aus Allstedt zu fliehen. Der Versuch, in Allstedt sein „Gegenwittenberg“ zu gründen, ist gescheitert. Doch der Sturm ist nicht mehr aufzuhalten. Im gesamten deutschen Reich entbrennen die Kämpfe. Im Elsass, Odenwald und Hohenloheschen, in Österreich, Tirol und Thüringen sind die wütenden Bauern nicht mehr aufzuhalten. Burgen, Schlösser und Klöster werden verwüstet und niedergebrannt. Nach den Zerstörungen fällt der Mantel der Vergessenheit auch über die Klöster Memleben und Reinsdorf. Letzten Endes bleibt der Sieg den Bauern jedoch versagt und für Jahrhunderte stirbt die Hoffnung auf eine Neugestaltung im Reich durch das „ynbrunstige volke“.

Auch der Aufstand vor den Toren von Frankenhausen endet am 15. Mai 1525 in einem grausamen Gemetzel. Es ist die größte Schlacht im mitteldeutschen Raum. Den vereinten, kampferprobten Truppen des Landgrafen Philipp von Hessen, dem es erst in den letzten Tagen des April gelingt ein Korps zusammenzustellen, und den Söldnern Herzog Georgs von Sachsen können die Aufständischen nicht wirklich etwas entgegensetzen.

5.000 Aufständische werden ohne größere Kampfhandlung erschlagen; 600 gefangen genommen. Müntzer, so wird berichtet, flüchtet in die Stadt, wird an seinen Büchern erkannt und verhaftet. Auf Schloss Heldrungen, wo der junge Visionär gefoltert und verhört wird, diktiert er seinen letzten Brief am 17.Mai. Müntzer, der zu Lebzeiten und auch später meist nicht verstanden oder falsch interpretiert wird, stirbt „in wahrhaftiger erkenthnis gottlichs namens und erstattung etzlicher mißbreuch vom volk angenomen, mich nicht recht vorstanden, alleyne angesehen eygen nutz, der zum undergang gottlicher warheyt gelanget..."

Der erste Sturm ist vorüber. Die Bauernaufstände werden zur Geschichte. Nach Müntzers Hinrichtung wirkt sein Geist noch einige Jahre in Allstedt nach. Doch auch der verschwindet.

Im „Kumppskeller“ werden vier namentlich benannte Freunde Müntzers inhaftiert. Die in der Folge verhängten Strafen – Hinrichtungen, Inhaftierungen, Buß- und Schadensgeldforderungen – sind selbst für das 16. Jahrhundert außergewöhnlich hart. Die weitere Entwicklung des Ackerbürgerstädtchen Allstedt wird auf Jahre gehemmt. Das Amt Allstedt wird 1526 an den Grafen Albrecht von Mansfeld als Dank für seine „Verdienste“ im Bauernkrieg verpfändet. 1533 wird ihm die „Erblehnschaft“ zugesprochen.

Die folgenden Jahre sind geprägt von mörderischen Religionskriegen im zersplitterten deutschen Reich. Doch das Evangelium ist nicht mehr aufzuhalten. Die neue Kirche breitet sich rasch aus. Bereits 1525 verwandelt der letzte Hochmeister des Deutschritterordens Albrecht von Brandenburg-Ansbach sein Ordensland in das weltliche und evangelische Herzogtum Preußen. 1531 wird in Schmalkalden von protestantischen Fürsten und Reichsständen ein Bund gegen Kaiser Karl V. und die katholischen Stände geschlossen. In der Schlacht bei Mühlberg siegen die kaiserlichen Truppen und der Schmalkaldische Bund löst sich auf. Im Augsburger Religionsfriede 1555 erlangen die lutherischen Reichsstände daraufhin die Gleichberechtigung ihrer Konfession.

Der nun entfesselte Sturm wütet unbarmherzig in den nächsten hundert Jahren. In Deutschland werden die Auseinandersetzungen erst 1648 nach der Katastrophe des Dreißigjährigen Krieges enden. Nicht nur der Glaube ändert sich in diesen Zeiten. Auch das Erbrecht reformiert sich so, dass nun auch zweit- und spätergeborenen Kindern die gleichberechtigte Erbfolge erlaubt ist.

Doch zurück zum Allstedter Schloss. Aus dem Jahr 1536 wird durch den Chronisten Cyriacus Spangenberg, der auch die Querfurter Chronik verfasst, der Brand des Hausmannsturmes überliefert. Die Stolberger werden 1542 das Amt als Pfand bis zum Tode von Graf Wolfgang 1552 erhalten und umfangreiche Baumaßnahmen durchführen. Im Norden der Vorburg werden ein neues Brauhaus und die Kapelle errichtet. In dieser Zeit beschwert sich Graf Albrecht zu Mansfeld, dass die Stolberger ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommen und versucht, das Allstedter Amt mit Gewalt zurückzugewinnen. 1560 übernehmen die Grafen von Mansfeld alle Förder- und Hüttenanlagen im Mansfelder Kupferschieferrevier. 1564 sieht sich Graf Albrecht gezwungen, die Regie an die Kurfürsten von Sachsen abzugeben, obwohl diese schon 1484 die Lehnsherrschaft über das Bergregal besaßen. Bereits zwei Jahre später erfolgt ein weiterer Gewaltstreich des Mansfelders auf die Allstedter Besitzungen. Chaotische Verhältnisse herrschen weiterhin auch am Rand der Goldenen Aue.

Plünderungen im Krieg aller Kriege, Auf- und Umbauten bis zum Geldmangel

1547 kommt es zur Wittenberger Kapitulation  und die Lehnshoheit fällt mit der Kurwürde an die Albertiner. Nach dem Naumburger Vertrag 1554 wird wieder die Flagge der Ernestiner auf den Zinnen gehißt. Bis 1918 soll das Amt Allstedt im Besitz verschiedener ernestinischer Linien verbleiben.

1618 gipfeln die Auseinandersetzungen um den wahren Glauben im Prager Fenstersturz und die deutschen Lande werden in den nächsten dreißig Kriegsjahren verbrannt, zerstört, verwüstet.

Die Kriegsjahre gehen auch an Stadt und Schloss nicht spurlos vorüber. 1627/28 stehen die schwedischen Reiterheere unter Piccolomini und Coloredo vor dem Tor. Die Stallungen werden geplündert. Auch Stuben und Vorratskammern. 1631, die Schweden sind im Sommer des Vorjahres auf der Insel Usedom gelandet, bezieht König Gustav II. Adolf Quartier auf dem Schloss.

„Der Krieg muss den Krieg ernähren“. Mit grausamer Härte halten die Kämpfe unvermittelt an. Das Land ist ausgeblutet. Gehöfte, Dörfer und Städte verweisen mehr und mehr. Am 20.Mai des Jahres 1631 erlebt Magdeburg seinen schwärzesten Tag. General Tilly erobert mit seinem kaiserlichen Heer die protestantische Stadt. Am Ende sind 20.000 Menschen hingemordet, die Stadt fortan nur noch Provinzstadt und der Begriff der „Magdeburgisierung“ geprägt.

Im gleichen Jahr plündern die Truppen Graf Merodes das Allstedter Amt. Im Jahr darauf sind es die für ihre Plünderorgien gefürchteten Kürassiere Pappenheims. Mit dem Westfälischen Frieden werden die Kampfhandlungen 1648 offiziell beendet. Das deutsche Reich ist noch auf Jahrzehnte traumatisiert. Mitteldeutschland, insbesondere der historische Raum an Mittelelbe, unterer Saale und Harzvorland gehört zu den am meisten zerstörten Regionen. Aber davon wird an anderer Stelle noch näher berichtet.

Nach dem Krieg fällt das Amt Allstedt dem Haus Sachsen-Altenburg zu. In den folgenden Jahren hallen nicht Kanonen und Musketen vom Bergsporn ins Tal, sondern Baulärm. Zahlreiche Auf- und Neubauten werden durch die Sachsen-Altenburger Herzöge veranlasst. Die Kamine werden 1664 gebaut; 1681/83 die Amtsschreiberei westlich des Vorburgturmes. 1693 wird die hölzerne Brücke durch eine steinerne ersetzt. Insgesamt acht Jahre dauern die umfangreichen Bauarbeiten. Mitunter werden 1694 die italienischen Stukkateure Nikoalo und Giovanni Battista Carcani für größere Leistungen bezahlt. Ihre Kollegen Caroveri und Quadri hinterließen bereits am Weißenfelser Schlossneubau ihre architektonische Handschrift (siehe Neu-Augustusburg – Weißenfels).

Das Allstedter Amt wird unter den Ernestinern mehrfach umgeschrieben, bis es 1699 an die Linie Sachsen-Eisenach fällt. Herzogin Sophie-Charlotte steht ab Mai das Schloss als Witwensitz zur Verfügung. Ostern 1700 hält sie auch Einzug. Hofprediger wird im selben Jahr Gottfried Arnold. Um die Jahrhundertwende veröffentlicht er seine „Kirchen- und Ketzerhistorie“, in welcher neben der „Ordnung und Berechnung des deutschen Amts zu Allstedt“ auch eine positive Wertung Thomas Müntzers zu finden ist. 30Jahre später wird die Anlage der Witwensitz der Herzogin Marie-Christine.

Absolutismus. Auch verschiedene Reformversuche können dem deutschen Reich des frühen 18.Jahrhunderts nicht aus seiner politischen Ohnmacht helfen. Die Einzelstaaten übernehmen die „absolute Monarchie“ der Franzosen. Bayern, Sachsen und Hannover erstarken wirtschaftlich. Österreich entwickelt sich zur führenden Großmacht in Europa und Preußen wird unter den Friedrichen zur zweiten Macht.

1723 zieht der Amtshauptmann in den Westflügel des Vorschlosses Allstedt. Die Amtsschreiberei wird ins Obergeschoß eines Stalles neben der Brauerei verlegt. Nach dem Tode Herzog Wilhelm Heinrichs von Eisenach stirbt die Linie aus. Allstedt fällt an Ernst August von Sachsen-Weimar. Zur Jahresmitte 1747 ist auf dem Bergsporn „alles in toller Bewegung und Arbeit“. Der Herzog plant ein großzügig angelegtes Jagd- und Repräsentationsschloss mit Park, Fasanerie, Schlossgarten und Wildpark. Der Ostflügel des Vorschlosses wird abgebrochen. „Klotzen, nicht kleckern“ ist angesagt. Die Arbeiten in der Osthälfte des Vorschlosshofes sind fast abgeschlossen, ebenso der Westteil zum Jahresende. Auch die Umbauten im Bereich der Kernburg sind im vollen Gange, als Ernst August am 19.01.1748 unerwartet stirbt. Sofort werden die Bauarbeiten gestoppt. Der akute Geldmangel ist offensichtlich. Ihrer Jagdleidenschaft frönen die Großherzöge von Weimar allerdings in den nahen und wildreichen Allstedter und Ziegelrodaer Forsten noch bis 1918.

Pläne für ein Jagd- und Repräsentationsschloss, Wechselnde Besitzer und Notwohnungen

Zwischen 1776 und 1782 weilt Johann Wolfgang von Goethe, Mitglied des Geheimen Consiliums und zuständig für Forstverwaltung, Wegebau und Kriegswesen, mehrfach auf dem Allstedter Schloss. Auf dem Schloss entstanden in dieser Zeit drei Akte der „Iphigenie auf Tauris“ und verschiedene Zeichnungen. 1778 schreibt Goethe an seine liebe Charlotte von Stein: „Jetzt ist höchst schön von der Burg ins Thal. Der Herzog ist nach Kalbsrieth geritten. Wenn ich frisirt bin und fertig, tusch ich erst das gestrige aus dann ist unten am Teich ein besonder schön Fleckgen, das ich zu erhaschen suchen will“

Von besonderer Bedeutung ist für den Geheimen Rat die „Stuterey“, die zu den ältesten Gestüten Deutschland gezählt werden kann. Die Kutsch- und Reitpferde des Weimarer Hofes, Isabellenpferde – später Rappen, stammen aus den Allstedter Stallungen. Vier Jahre vor der Jahrhundertwende wird der bestehende Treppenturm an der Kapelle erneuert.

1815 sind die Befreiungskriege beendet und Napoleon auf Lebenszeit auf die Insel St. Helena verbannt. Das Herzogtum wird nun Großherzogtum. 1828 weilt der zehnjährige Erbprinz Carl Alexander auf dem Schloss und notiert „Allstedt hat mir sehr gefallen und ich werde gewiß immer mit Freuden daran denken“.

1830 kommt es im Gefolge der französischen Juli-Erhebungen auch in Mitteldeutschland zu politischen Revolten.

Sieben Jahre später, mit der Thronbesteigung Victoria I. beginnt in Großbritannien gerade das nach ihr benannte Zeitalter, wird das „HinterSchloss“ für die großherzogliche Familie instandgesetzt. 13 Jahre später wird die durch den Großherzog gestiftete Orgel, ein Werk des Frankenhäuser Orgelbauers Julius Strobel, eingeweiht.

Am 18.09. des Jahres 1860 wird beschlossen, den alten verfallenen Verbindungsgang zwischen Kapelle und Westflügel wiederherzustellen. Zudem werden die finanziellen Mittel für den Bau einer Brücke zwischen der Kernburg und dem Vorschloss durch die großherzogliche Baudirektion freigegeben. Seit 1871 dienen die Erdgeschoßräume im Nordflügel als Dienerwohnungen.

Eine kleine Revolution bedeutet allgemein gesehen, die erstmalige Brikettierung von Braunkohle im selben Jahr.

1883 wird die „Altstädtische kleine Chronika“ des Ernst Stockmann aus dem Jahre 1772 in neuhochdeutscher Sprache aufgelegt. Unter anderen ist hier Müntzers Erbe nachzulesen „So hat sich ehemals in Alstädt auch begeben, dass Thomas Müntzer, ein verruchter Bösewicht, viel Unglück unsers Orts und sonsten angericht“.

Die Geschichte bleibt nicht stehen. 40 Jahre nach den deutschen Märzrevolten wird 1888 der Gestütshof für die Allstedter Isabellen gebaut. Der Eintritt in das neue Jahrhundert wird durch die „Hunnenrede“ Kaiser Wilhelms eröffnet. Der Sachse Karl May antwortet mit dem 1904 erschienenen Roman „Und Friede auf Erde!“ auf seine eigene Weise. 1907 werden auf Schloss Allstedt die ersten Fremdenführungen gestattet.  

Mit dem Eintritt Deutschlands in den Ersten Weltkrieg melden sich Jugendliche massenhaft freiwillig zur Front. Doch der Enthusiasmus stirbt auf den Schlachtfeldern. Dem Nahrungsmangel infolge der Blockade fallen in Deutschland ca. 750.000 Menschen zum Opfer. Das Kaisertum wird beendet.

1918 dankt Großherzog Wilhelm Ernst ab. Das gesamte Inventar wird aufgrund der Fürstenabfindung nach Schloss Heinrichau in Schlesien geschickt. Am 01.05.1920 wird das Land Thüringen mit der Hauptstadt Weimar gegründet. Das Amt Allstedt wird Teil des Freistaates. Bis 1923 werden die Räume auf dem Berg an mehrere Familien vermietet. 1923 wird das Schloss Pachtbesitz und am 01.07. zieht Paul Hörnig in die alten Burggemächer ein. Der Pächter gestaltet die Räume für seine Zwecke um. Ab 1926 wird die ehemalige Schlossküche im Westflügel der Kernburg durch die sogenannte „Schlossgemeinde“ genutzt. In den Jahren 1933/38 dienen die Räumlichkeiten der Hitlerjugend als Führerschule.

Unter sozialistischer Fahne, schwarze Küche, (Nach)Wende und Jahrtausendwechsel

1945 sind alle mörderischen Schlachten des 2.Weltkrieges geschlagen. Ausgebrannte und vertriebene Menschen ziehen durch die Lande. Allstedt befindet sich bis zum Juli in der Hand der Amerikaner. Der Kammergutpächter wird vertrieben und am 01.10. beginnt in der mittlerweile sowjetischen Besatzungszone wieder der Schulunterricht. Das Schloss wird der Provinz Sachsen zugesprochen und in der ehemaligen Kaiserpfalz werden Notwohnungen eingerichtet. Am 03.12.1946 beschließt der Landtag der Provinz Sachsen, selbige in Sachsen-Anhalt umzubenennen.

Die Ereignisse in der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts sind schnell erzählt. Der Volkseigene Betrieb Mansfeld Kombinat wird 1948 gegründet; am 11.Dezember 1969 wird im Bergbezirk die letzte Schicht gefahren. 1952 werden die Länder aufgelöst und 14 Bezirke geschaffen. Allstedt fällt als Teil des Bezirkes Halle zum Kreis Sangerhausen, das Schloss erhält außer den Wirtschaftsgütern der Rat der Stadt. Ende Juni 1955 findet in Rudolstadt das erste „Fest des deutschen Volkstanzes“ statt, das sich nach 1991 als Tanz- und Folkfestival zum bedeutendsten Festival für Folk- und Weltmusik in Deutschland etablieren wird.

Nach den niedergeschlagenen Arbeiteraufständen 1956 wird der Aufbau des Sozialismus eingemauert. Im August 1968 stehen zwei Divisionen der NVA der DDR zur Niederschlagung des Aufstandes in der CSSR bereit. 1973, 28 Jahre nach dem Ende des 2.Weltkrieges, werden auf dem Bergsporn die letzten Notwohnungen geräumt und der Bau verfällt zusehends.

Die Verantwortlichen sind sich jedoch der historischen Bedeutung der Festungsanlage bewusst. Zum 450jährigen Bauernkriegsjubiläum wird die ehemalige Wirkungsstätte Müntzers renoviert. Auch wenn der ideologische Charakter von den Politbehörden mitbestimmt wird, hält sich dieser in Grenzen. Nach intensiven Arbeiten am Schloss ist ab dem 30.06.1975 im Ostflügel die Thomas-Müntzer-Ausstellung zu besichtigen. Der Rohnebach fliest gemächlich um den Bergsporn. Insbesondere in den folgenden Jahren wird unter sozialistischer Fahne die Kernburg zum Burg- und Schlossmuseum umgebaut. 1983 wird anlässlich der Luther-Ehrung das Kamingemach hergerichtet. Die südliche Wehrmauer und der Nordflügel ebenso. Ab 1986 wird der Bau in der Form umgestaltet wie er sich noch heute dem Besucher präsentiert.

Die Besonderheit der ehemaligen Kaiserpfalz Allstedt, in Sichtweite zum Kyffhäuser, ist die spätgotische Küche. Die Küche fingiert in vergangenen Jahrhunderten als wichtiger Wirtschafts- und Aufenthaltsort einer Burg. Mit einer Grundfläche von fünf mal fünf Meter und einer Höhe von 20m gehört der Allstedter Kamin zu den größten erhaltenen Burgenkaminen Europas. Die ältesten Rezeptaufzeichnungen stammen aus dem 14.Jahrhundert. Fleisch von Schwein, Igel, Adler oder Eichhorn wurde am Spieß gebraten. Als Soße wurden Tunken mit verschiedenen Gewürzen gereicht. Ingwer, Nelken, Muskat, Zimt.

Mit der Einstellung der Kupferproduktion im Sangerhäuser Bergbezirk endet die Geschichte des Kupferbergbaus im Mansfelder Revier 1990. Heute liegt ein Hauch Privatsphäre über der alten Reichspfalz. Doch abseits touristischer Massenabfertigung liegen im Schloss Allstedt auch Chance und Nachteil eng beieinander.

SCHLUSS