DIE REISE GEHT WEITER 3 von 8
KO AU TE AWA, KOT E AWA KO AU. - I AM THE RIVER; THE RIVER IS ME.
Maori Schnitzerei in Whakarewarewa

Die Schnitzereien gehören zu den höchsten Leistungen der Südsee-Kunst. Wegen der Bedeutung des Ahnenkultes sind menschliche Figuren wichtiger Bestandteil der Schnitzkunst der Maori. Auffallend sind der überbetonte Kopf, die verkürzten Füße, da diese als weniger "heilig" angesehen wurden und die Hände vieler Figuren, die meist nur drei Finger aufweisen. Die meist schräg gestellten Augen sind entweder hohl oder mit eingelegten Paua-Perlmuttmuscheln versehen. Bekannt sind Figuren in kriegerischer Pose mit weit aufgerissenen Augen und lang herausgestrecker Zunge und mit einer Steinkeule in der Hand. Auch der Kriegstanz, der "Haka" kennt diese Geste, die möglicherweise provozieren oder böse Geister abwehren soll. Verbreitet ist sie heute bei vielen Vorführungen.

Kauri und Kahikatea

Nur auf der neuseeländischen Nordinsel und nur nördlich des 39.Breitengrades ist der Baumriese Kauri zu finden. Holz und Harz dieses Fichte-ähnlichen Baumes gehörten bis weit ins 20.Jh. zu den Hauptexportartikeln Neuseelands. Bis auf wenige Bestände ausgerottet, wird heute mit strengen Schutzmaßnahmen und Wiederaufforstungsprogrammen versucht, diesen Baumbestand zu retten.

Bevor bevor die ersten Europäer ihren Fuß auf die neuseeländischen Inseln setzten, war der Whanganui Fluss ein wichtiger Verkehrsweg der Maori. Von hier begannen häufig die heftigen Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Maori-Stämmen. Im Museum von Wanganui ist heute ein 23m langes Kriegskanu ausgestellt, welches noch 1810 von 70 Männern gerudert wurde. Als ich bei Taumarunui den Fluss überquere, kann ich keine Kanus entdecken. Nur der Regen trommelt seit Tagen ununterbrochen seinen monotonen Takt. Das feuchte Nass kann mich nicht schrecken. „… Und wenn es regnen sollte, so bist Du doch auf der anderen Seite. Schau’ in die Wolken, atme die Luft genussvoll ein und erfreu’ Dich einfach an Neuseeland.“ Die Worte eines Freundes vor meiner Abreise klingen mir in den Ohren, als mir der Regen über mein Gesicht läuft.

Der Highway 43 führt mich direkt in die vergessene Welt. Eine schmale Passstrasse zieht sich durch den dichten Urwald. Mächtige Farnbäume und vereinzelte Kauri-Bäume aus der Vergangenheit säumen den Weg. Vereinzelt tauchen verlassene Siedlungen auf und einsame Dörfer. Die Straße erinnert an die frühen Siedlungsjahre. An Typhus und die schwierigen Arbeitsbedingungen, mit denen die ersten Wege durch den Regenwald geschlagen wurden. Die üppige Vegetation und die ständigen Erosionen hielten die Menschen von der Besiedlung ab. Neben der Bridge 903, die über den Tangarakau Fluss führt, führt ein Pfad in den dichten Busch. Unter den meterhohen Farnbäumen wird es noch dunkler, als es schon durch den wolkenverhangenen Regen ist. Der Weg endet nach einigen Metern vor einem Grab. Ich stehe vor „Morgan’s Grave“. Der Landvermesser starb, als er mit seinen Kollegen Wege für die Eisenbahnlinie suchte. Mehrere Tage von der nächsten Siedlung entfernt, kam für Morgan nach heftigen Fieberanfällen jede Hilfe zu spät.   

Der Whanganui Nationalpark lädt zu tagelangen Treckingtouren ein. Auf dem Fluss bieten Veranstalter Bootstouren oder Ausflüge mit dem Jetboot für Adrenalinjunkies an. Ist man bei klarem Wetter unterwegs, steigt auf einen der vielen Hügel und erhascht einen freien Blick nach Westen, kann man den Mt.Taranaki sehen. Doch die Wolken denken nicht daran, sich zu verziehen und so steuere ich direkt auf den heiligen Berg der Maori zu. Ich erreiche den Fuß des Vulkans kurz bevor die Nacht hereinbricht. Im letzten Licht bereite ich mein Nachtlager. In den letzten Jahren hat sich die alte Maori-Bezeichnung „Taranaki“ gegenüber der von Kapitän Cook gewählten „Mount Egmont“ durchgesetzt. Die erste gesicherte Besteigung des 2.518m symmetrischen Vulkans erfolgte 1839 durch Ernst Dieffenbach, der im Auftrag der New Zealand Company das Land erkundete, und den Walfänger James Heberley.

Die neuseeländischen Inseln wurden erst vor etwa 2.000 Jahren von Polynesiern besiedelt. Die an tropisches Klima gewöhnten Siedler fanden ein unberührtes Paradies, welches in den folgenden Jahrhunderten seine Jungfräulichkeit verlor. Die Namensgebung verdanken die Ureinwohner erst den weißen Entdeckern. „Maori“ bedeutet soviel wie „üblich“ oder „gewöhnlich“ und wurde von den frühen weißen Siedlern als Bezeichnung für die Eingeborenen verwendet. Aus Sicht der Maori selber gestaltete sich die Besiedlung jedoch etwas anders. Der Seefahrer Kupe und später der Häuptling Toi waren die ersten Entdecker. Die große Besiedlung erfolgte nach den Legenden erst um 1350 mit sieben Stammes-Kanus, von denen sich die verschiedenen Maori-Stämme noch heute ableiten. Der Niederländer Abel J. Tasman entdeckte die Inseln für die Europäer während des Dreißigjährigen Krieges 1642. Die niederländischen Gelehrten führten für die noch unbekannte südpazifische Inselwelt die Bezeichnung „Nieuw Zeeland“ ein.

Anfang Oktober 1769 kreuzte der Engländer James Cook mit seinem Schiff „Endeavour“ in neuseeländischem Gewässer. Der Kontakt mit den Maori verlief zugunsten Cooks und seiner Begleiter. Französische Seefahrer hatten das Nachsehen, kamen zu spät und gerieten mit den Maori in Streit. Nach der Besiedlung Australiens als Strafkolonie setzten die ersten Siedler nach Neuseeland über. Walfänger und Robbenjäger folgten. In die Besiedlung kam plötzlich Schwung. Das Leben der Maori veränderte sich grundlegend. Mit den geschenkten Feuerwaffen bekämpften sich die Stämme gegenseitig.

Missionierung und Kolonisation durch die „Pakeha“, die Weißen, folgte. Nur langsam ließen sich die Maori christianisieren. Durch die zunehmende Besiedlung ließen die ersten Zusammenstöße zwischen Siedlern und Maori nicht auf sich warten. Blutige Übergriffe und heftige Attacken beherrschten das tägliche Leben. Der am 06.Februar 1840 unterzeichnete Vertrag von Waitanga sollte Ordnung ins Chaos bringen. Die Auseinandersetzungen zwischen Siedlern und Maori schienen beseitigt. Doch 1843 begannen die Maorikämpfe. Verbittert und mit aller Härte. Die Opfer auf beiden Seiten waren enorm. Erst in den 1860er Jahren änderte sich der Widerstand. Hauhau-Bewegung und ziviler Ungehorsam waren nun die Waffen der Ureinwohner. 1881 wurde endgültig Frieden geschlossen, aus dem die Weißen und die Regierung als Sieger hervorgingen.

Der Goldrausch in den 1860er Jahren zog die nächste Einwanderungswelle nach sich. Siedlungen schossen wie Pilze aus dem Boden und Städte wurden über Nacht zu wohlhabenden Metropolen. Eine Zeitlang war die Südinsel nach Eigenständigkeit bemüht, doch mit der Gründung Wellingtons 1865 wurde dieser Entwicklung entgegengewirkt. 1882 verließ das erste Kühlschiff den Hafen von Port Chalmers und sorgte für Neuseelands landwirtschaftlich geprägtes Standbein. Während sich die Gesamtbevölkerung stetig vermehrte, schrumpften die Stämme der Maori zusammen. Fremde im eigenen Land. Durch Erneuerungsbewegungen und Kingitanga, die Königsbewegung, schafften es die Maori jedoch, ihre Stellung in der neuseeländischen Gesellschaft zu finden und sich in der Welt der Weißen zu etablieren. Die britische Kronkolonie Neuseeland wurde 1907 zum Dominion und unterstützte in den Weltkriegen das britische Mutterland. Eigene Maoristämme kämpften in Belgien und auf Gallipoli. 1947 erreichte Neuseeland seine volle Unabhängigkeit, auch wenn England noch lange das eigentliche Zuhause für viele Einwanderer blieb.

Mich treibt die Kälte am Morgen aus dem Schlafsack. Während das Wasser für den Kaffee kocht und zwei große Scheiben Brot meinen Hunger stillen, schaue ich mir meine nächste Route an. Diese führt mich erst mal nach New Plymouth. Die Stadt lebt und atmet im Dunstkreis des Vulkans, der erheblichen Gasreserven und den zigtausend Milchkühen rund um den Mt.Taranaki. Ich folge dem Highway 5 um den Vulkan. Die Landschaft und Geschichte ist beeindruckend. Badestrände wechseln mit uralten Maorifestungen ab. Wobei die Bezeichnung „Festung“ im europäischen Vergleich mehr verspricht als hinter den meterhohen Holzzäunen mit grimmigen dreinschauenden Maorischnitzereinen steckt. Erschreckend und faszinierend für mich Europäer jedoch allemal. Die Strecke nach Wellington ist schnell zurückgelegt. Nur einige Highlights säumen den Weg. In Wanganui beendet der Wanganui River seine Reise in der Tasmanischen See. In Bulls stoße ich wieder auf den Highway 1, der mich parallel zur Kapiti Küste nach Wellington bringt.

Die Hauptstadt Neuseelands krümmt sich, über mehrere Hügel auseinandergezogen, um eine malerische Bucht. Mit der 1902 eingeweihten Cable Car, der Standseilbahn, fahre ich nach Kelburn hinauf. Zu meinen Füßen liegt der Hafen, der wuselige Lampton Quay mit seinen Einkaufspassagen und linkerhand der botanische Garten. Mit mir genießen asiatische Touristen, Australier und deutsche Rucksacktouristen den herrlichen Ausblick. Ein kühler Wind streicht über die Bucht und mir ins Gesicht. Ab und zu blickt die Sonne hinter den Wolken hervor, um aber schnell wieder zu verschwinden. Ich klettere einen kleinen Hügel im Garten hoch. Vor mir weist eine mächtige Kanone nach Osten. Das Fabrikat der Fa. Krupp ist ein Beutestück aus den Kämpfen des 1.Weltkrieges.

Es ist mein letzter Tag auf der Nordinsel. Mein Fährticket habe ich für den nächsten Morgen bereits in der Tasche. Ich laufe am „Lady Norwood Rose Garden“ vorbei, der mit seinen über 500 Rosensorten zu den Höhepunkten zählt. Da der Frühling aber in den Startlöchern steht, ist mit den Rosen leider auch noch nicht viel los. An den Maori-Heilkräuterbeeten geht der Weg wieder bergab. An der Queens Warf werden die „World Press Photo 2004“ ausgestellt. Im Grunde genommen ist es erschreckend. Ich finde fast durchgängig Bilder vom Krieg, Hunger und Elend der Menschen. Auszeichnungen für Bilder, die von zerfetzten Körpern und weinenden Kindern berichten. Erst am Ende sind einige lebensfrohere Momente abgelichtet.

„Es heißt, in Wellington gebe es mehr Restaurants pro Kopf als in New York“, lese ich im Reiseführer. Die kühne Statistik kann ich zwar nicht bestätigen, lasse mir aber meinen Milchkaffee in der Nähe des Civic Square schmecken. Die Hauptstadt dritter Wahl hat nichts gemein mit dem quirligen Pulsieren Aucklands. Doch gelang dem tristen Beamtennest in den Neunziger Jahren der Sprung zu einer charmant Kulturstadt. Ich schlage noch einen Bogen zum Nationalmuseum „Te Papa Tongawera“ und suche mir dann eine Unterkunft. Als ich am nächsten Morgen auf der Fähre einchecke und mir einen Platz auf dem Oberdeck suche, verabschiedet mich Wellington mit kühlen Regenschauern. However „Windy City“. Wenn man erst auf Sumpf gebaut hat und dann über einer der größten Erdspalte, kann man nicht sauer sein. Die Überfahrt nach Picton soll drei Stunden dauern. Als wir die Bucht verlassen, gesellt sich in der „Cook Street“ zu den kalten Regenschauern ein kräftiger Wind. Während ich unter Deck dem Wetter trotze, rückt die Südinsel immer näher.

Forgotten World Highway

Die nordwestliche Randzone des Whanganui N.P. eine herrliche Landschaft mit kleinen Pässen und tollen Ausblicken erschließt die State Road 43.

Bei Whangamomona

Eine 120km lange Panoramastraße führt von Stratford am Ostfuß des Taranaki nordwestwärts. Unterwegs passiert man verlassene Siedlungen und einsame Dörfer.

Europäische Entdeckung

James Cook übersah bei seiner ersten Weltreise 1770 die Einfahrt in das Hafenbecken. Erst auf der zweiten Reise bemerkte er den Meeresarm und den er für einen guten Naturhafen hielt.

Sightseeing

Architektonisch recht ansprechend bietet sich die Waterfront der Hauptstadt. Die Queens Wharf respektive der Frank Kitts Park werden von interessanten Gebäudekomplexen umrahmt.