AUF MOBY DICK WALTOUR 1 von 8
OZEANRIESEN - WALPARADIES AOTERA

Kaikoura

Das kleine Städtchen liegt an der Nordostküste der Südinsel zu Füßen der bis 2.600m aufragenden Seaward Kaikoura Ranch. Der von den Maori geprägte Name zeigt, das die Langustenfischerei seit jeher eine wichtige Rolle spielt. Große Bedeutung hatte vor allem im 19.Jahrhundert der Walfang. Das Fyffe House an der Avoca Street wurde um 1860 für einen Walfänger erbaut und steht heute Denkmalschutz.

In der Nähe des Krankenhaus ist das "Takahanga Marae" mit neuem Leben gefüllt worden durch den Bau eines modernen Maori-Versammlungshauses. Das einstige Pa der Maori wurde 1828 von dem von der Nordinsel heranziehenden Häuptling Te Rauparaha eingenommen und verfiel seitdem.

Walknochen in Kaikoura

Auf dem Felsen am Ende der Kaikoura-Halbinsel lebt eine Kolonie von mehreren hundert Robben. Diese Tiere haben - so scheint es - wenig Angst vor Menschen. Mit dem Ausflugsboot kann mit nicht nur Robben, sondern auch Schwarzdelphine, Hector-Delphine, Pottwale und Albatrosse mit mehr als drei Metern Flügelspannweite beobachten.

Wenn in der südlichen Hemispäre der Frühling mit raschen Schritten voranschreitet, ist es Oktober. In Europa steht der Winter noch vor geschlossenen Türen; die Vögel ziehen in wärmere Gefilde und Shorts und Röcke verschwinden in den Kleiderschränken. Vor der Küste Neuseelands sind das ganze Jahr über Wale zu beobachten. Ab Oktober zieht es jedoch verstärkt zur Wale Tour vor die Küste Kaikouras. Eine sanfte Brise weht mir vom Pazifischen Ozean entgegen. Hinter mir strecken sich die schneebedeckten Berge der Seaward Kaikoura Range in den blauen Frühlingshimmel und vor mir liegt ein aufregendes Wochenende. Ich stehe am Strand von Kaikoura in der Region Canterbury in Neuseeland.

Es ist Ende Oktober 2004. Der Frühling steht in voller Blüte, die Sonnenstrahlen erinnern mich an den deutschen Frühsommer und mir geht es einfach prima. Das kleine Städtchen Kaikoura liegt an der Nordostküste der Südinsel und ist durch den Walfang bekannt geworden. Das Fyffe House an der Avoca Street, in einem schaurig- interessanten rosafarbenen Anstrich, wurde 1860 aus Walknochen und Schiffswracks gebaut und steht heute unter Denkmalschutz. Vom Walfang im 19.Jahrhundert künden heute jedoch nur noch die Rippenbogen im „garden of memories“. Und die Wale selber.

„Close to nature“ verkündet ein Prospekt. Nach Kaikoura bin ich gekommen, um Wale zu sehen. Lebende Pottwale. Knappe 20m lang und 60 Tonnen schwer. Ein kleiner Airbus schwimmend im Pazifischen Ozean. So sage ich es auch der netten Dame am Empfang von „whalewatch Kaikoura“. Ich buche für den nächsten Tag eine Tour. „Cross your fingers“ empfiehlt die Dame mir. Ungewöhnlich viele Wale wurden in den letzten Tagen gesehen. Üblicherweise ist es um diese Jahreszeit möglich, zwei, vielleicht drei Wale zu beobachten. Doch in dieser Saison wurden auf jeder Tour 10, ja sogar 15 Wale gesehen. Die Tour startet am nächsten Morgen kurz vor Acht. Mit einem flauen Gefühl im Magen mache ich mich am nächsten Tag auf den Weg zum Treffpunkt. Über Nacht ist Nebel aufgezogen und ich sehe schon schwarz für die Tour. Doch der Bus, der uns zum Hafen hinunterbringt, startet etwas verspätet und die Nebelwand löst sich in der Zwischenzeit ein wenig auf. Mit mir haben sich etwa 30 weitere „wale rider“ auf die Beine gemacht. Während ein Katamaran-Schnellboot mit uns auf den Pazifik hinausjagt, erklärt uns ein Crewmitglied, was es mit Kaikoura und den Walen auf sich hat.

Neuseeland liegt bekanntermaßen im Grenzbereich zweier riesiger Platten der Erdkruste. Der Indisch-Australischen Platte und der Pazifischen Platte. Denen ist die geologische Vielfalt Neuseelands zu verdanken. Die ungewöhnlich hohe Konzentration an Walen dicht vor der Küste Kaikouras ist auf eine Abbruchkante unter der Meeresoberfläche zurückzuführen. Etwa 25 km von der Küste entfernt fällt wie in einem Canyon die bereits 60m tiefe Meeresoberfläche um weitere 1200m. Die sich daraus entwickelnden Meeresströmungen sorgen für ein üppiges Nahrungsangebot. Plankton, Fischsschwärme, Delfine, Haie und Wale. In Abhängigkeit der Jahreszeit tummeln sich vor der Küste Kaikouras Schwarzdelfine oder Hector-Delfine sehen, Pott- und Blauwale, Haie und auch den Orcinus Orca, den sogenannten Killerwal.

Etwas mehr als 30 Minuten dauert die Fahrt an die Stelle, wo sonst die Wale zu sehen sind. Die Gischt spritzt gegen die Bootsscheiben und der Rumpf erzittert jedes Mal, wenn der Kiel hart auf dem Wasser aufschlägt. 28 Knoten auf dem Pazifischen Ozean verhelfen mir zu neuen seemännischen Erkenntnissen. Über Funk nimmt der Kapitän Kontakt zum Nachbarboot auf, welches einige Minuten vor uns den Anker gelichtet hatte. Der Katamaran stellt die Fahrt ein und die Crew lässt uns an Deck. Aufgeregt wird der Horizont abgesucht. Doch es ist nicht einfach, einen Wal, den man vorher nur im Fernsehen gesehen oder auf Bildern studiert hat, vom grauen Wasser zu unterscheiden. Plötzlich schwenken alle Köpfe Richtung Nordosten und 500m weiter sehe ich meinen ersten Walrücken. Der wieder so schnell verschwindet, wie ich ihn gesehen habe. Der Kapitän kommt mit einem Sonargerät an Deck und versucht, die Wale unter Wasser zu orten. Bis zu 10km unter Wasser sind die Frequenzschwingungen der Wale auszumachen. „Cross your fingers“ geht mir durch den Kopf, als die Crew uns schon wieder auffordert, das Deck zu räumen.

Etwas enttäuscht, gehe ich zu meinem Platz zurück. Das kann doch nicht schon alles gewesen sein. Der Katamaran fährt weiter, ändert die Richtung, hält wieder an. Alle an Deck. Etwa 200 m weiter sehe ich das andere Boot. Und dazwischen einen Pottwal. Weiter hinten bläst der nächste. Ca. 10 bis 15 Minuten bleiben die Riesen an der Oberfläche, um Luft zu holen. Dann tauchen sie, nehmen Nahrung auf und schwimmen weiter.

„Wal, da bläst er!“ Schmunzelnd muß ich an Moby Dick und die vielen Walgeschichten denken. An die Entbehrungen der Walfänger, den rauen Alltag der Seeleute, die einer anderen Zeit entstammten und das langsame Dezimieren der Wale. Pottwale wurden früher wegen der 2,5 Tonnen Öl gejagt, welches sie im Kopfbereich lagern. Ich bin seltsam berührt von den grauen Tonnen, die glitzernd an der Wasseroberfläche schwimmen. Pottwale können bis 60Jahre alt werden. Die wissenschaftlichen Untersuchungen und Beschreibungen heben immer wieder das besonders ausgeprägte Sozialverhalten der Wale hervor. Eine Stunde etwa dauert unser Aufenthalt bei den riesigen Säugetieren. Etwas wehmütig vergeht die, plötzlich recht kurze, Rückfahrt. Doch hat sich das „Fingerkreuzen“ gelohnt und hält auch an den nächsten Tagen noch an. Allerdings ist das eine andere Erzählung.

Pottwal vor Kaikoura

Seit 1978 sind Wale durch den "Mammals Protection Arts" geschützt. Die riesigen Meeressäuger kommen regelmäßig in die nahrungsreichen Gewässer vor Neuseelands Südküste.

Wale, Wale und Delfine

Von April bis Juni kann man Pottwale beobachten, den ganzen Sommer über Schwertwale (Killerwale) und im Juni und Juli Buckelwale. Zutraulich werden von Oktober bis Mai häufig Delfine.