UNSTRUT - GEBESEE BIS LEUBINGEN

Gebesee

In ihrem Lauf nach Norden fließt die Gera kurz vor ihrer Mündung in die Unstrut östlich an Gebesee vorbei. Der Frankenkönig Karl überträgt zu Beginn des 9.Jahrhunderts viele altthüringische Dörfer mit dem Namen „Gebise“ dem Kloster Hersfeld. Im Güterverzeichnis, dem Brevarium Lulli, wird die Größe des Unstrutdorfes mit 70 Hufen und 44 Mansen, angegeben; ein Großdorf. Vermutlich waren Ort und Gegend von besonderer Bedeutung im Thüringer Reich. Der Historiker Reinhold Andert berichtet über seine Suche nach dem „Thüringer Königshort“: „Das Kirchengebäude St. Laurentius steht am Ostrand des Ortes und stammt aus dem Jahre 1406. Am Westrand, beim Schloß, soll eine Bonifatiuskapelle gestanden haben. Das Schloß, bisweilen als „castrum Bärenstein“ bezeichnet, war ursprünglich wohl der Hof eines Hersfelder Verwalters. Später wurde es burg- bzw. schlossartig ausgebaut und gehörte dem mit Gebesee belehnten Adelsgeschlecht. ... Östlich von Gebesee, am anderen Ufer der Gera, erstreckt sich eine Hochfläche, die sich einen Kilometer weit nach Norden bis zum Einfluß der Gera in die Unstrut zieht. Es ist der Klausberg, der auf alten Messtischblättern als „Burg“ eingezeichnet ist.

Hier stand eine Katharinenkapelle, die im Jahre 1234 unter Landgraf Konrad wegen der zahlreichen Wallfahrer, die hierher auf den Klausberg kamen, erweitert wurde. Für diese Wallfahrer soll auch in Gebesee die erste steinerne Brücke über die Gera gebaut worden sein. Aber schon im Jahre 1532 wird die Katharinenkapelle als wüst bezeichnet, und die Burgstelle diente als „Juden-Friedhof“. ... (Vor einigen Jahren wurde bei Bauarbeiten auf dem Klausberg die lange gesuchte Königspfalz „Geuise“ entdeckt.) Die einzige schriftliche Nachricht von der Existenz einer Pfalz in Gebesee stammt vom 5.März 1004. König Heinrich II. hatte auf seinem Weg von Magdeburg über Wallhausen nach Regensburg in Gebesee Station gemacht und für den Zeitzer Bischof Hildewart eine Urkunde ausstellen lassen.“

Alexander Duncker dröselt im 19.Jahrhundert die Besitzverhältnis auf. „Mit dem Tode des letzten Landgrafen Friedrich IV. Anno 1440 fiel das Land an das Haus Sachsen und Anno 1485 der hier in Frage stehende Landestheil an die Albertinische Linie, ward aber nach dem Ableben des Churfürsten Johann Georg I. Anno 1653 dem zweiten Sohne desselben, Herzog August von Sachsen-Weissenfels zugetheilt. Nach dem Erlöschen dieser Nebenlinie Anno 1746 gelangte derselbe wieder an das Churhaus Sachsen, bei welchem er bis zur Abtretung an die Krone Preussen Anno 1815 verblieb, und unter Chursächsischer Landeshoheit die Oberhauptmannschaft des Thüringischen Kreises (Kreisamtstadt Tennstedt) bildete.“

1564 reißt die Pest mehr als 300 Einwohner in den Tod, 1597 erneut. Auch die Ereignisse des Dreißigjährigen Krieges ziehen durch den Ort, der 1638 das Stadtrecht erhält. Im November lagern die Truppen von Erzherzog Leopold Wilhelm von Österreich und Feldmarschall Graf Piccolomini in Gebesee; beim Abmarsch gehen neben etlichen Häusern auch die Bonifatiuskirche in Flammen auf. 1674 wurde Gebesee während des Holländischen Krieges mehrfach durch die Truppen Metternichs geplündert. 30 Jahre später besetzten die Schweden Stadt und Land. Ende Dezember 1745 zerstörte ein verheerender Brand zahlreiche Häuser mir Scheunen und Ställen. „Nach der im Jahre 1859 zur Ausführung gelangten Separation gehören zum Gute an Acker und Wiesen 1717 Magdeburger Morgen; ansserdem verschiedenes Gartenland; die Fischerei in der Gera und Unstrut, eine Schäferei von etwa 1500 Stück; eine Spiritusbrennerei; die vor dem Hofe an der Gera belegene Oel- und Mahlmühle, und eine kleine Holzung in dem angrenzenden Herzogthum Gotha.“ berichtet Duncker. Nach 1918 wird Schloss Gebesee von der „Stiftung deutsche Landerziehungsheime“ übernommen und die Siedlungsgesellschaft „Sachsenland“ erwirbt Teile des Rittergutes. Die Siedlung Gebesee entsteht für die Vertriebenen aus den deutschen Ostgebieten, die durch den Versailler Vertrag 1919 Polen zugesprochen wurden. Es werden nicht die letzten deutschen Vertriebenen gewesen sein.

Tretenburg

Um die heute stark verschliffene Wallanlage bei Gebesee ranken sich zahlreiche Legenden. Die altthüringische Anlage war Versammlungsort und Sitz eines Landgerichtes. 1123, der Wettiner Konrad I. wird mit der Grafschaft Meißen durch den sächsischen Herzog Lothar von Supplinburg belehnt, sollen sich 20.000 Thüringer auf der Anlage versammelt haben, bevor sie durch Kaiser Rudolf 1290 zerstört wird. Reinhold Andert notiert: „Es gibt eine Menge Sagen, die sich dieses Hügels bemächtigt haben. So steht in der Legende des Bonifatius, dass er hier auf der Tretenburg die Thüringer zum christlichen Glauben bekehrte. Um den heidnischen Thüringern die Macht des Christengottes zu demonstrieren, sei er von hier aus nach Nägestedt gegen die Awaren gezogen und hätte sie besiegt. Danach sei auf diesem Hügel Hügel eine Johannis-Kirche erbaut worden. In dieser Sage aus dem späten Mittelalter, die sich an der Unstrut zutrugen, zusammengefasst: Die Christianisierung im 8.Jahrhundert, die Schlacht Heinrichs I. bei Riade im Jahre 933 und der Kampf der Thüringer und Sachsen gegen Heinrich IV. im Jahre 1075 ... Historisch verbürgt sind aber lediglich zwei Treffen auf der Tretenburg.

Werningshausen

Der erstmals zwischen 750 bis 802 erwähnte Ort liegt im Thüringer Becken an einem Nebenfluss der Unstrut, der Gramme. Die frühe fränkische Gründung wurde als Gut „Weremgereshusen“ an das Kloster Fulda übertragen. 1255 fiel das Lehen an die Grafen von Gleichen und 1485 unter die Herrschaft des Herzogtums Sachsen. 1529 kam mit dem ersten lutherischen Pfarrer Johann Bach auch die Reformation und eine Schule für Knaben nach Werningshausen. 1620 wurde eine Schule für „Mägdelein“ gegründet. Nach dem Ableben des letzten Grafen von Gleichen 1631, kam der Ort mit seinen sämtlichen Beständen an die Grafen von Hohenlohe. Fünf Jahre später, während des Dreißigjährigen Krieges, lag hier das Hauptquartier des schwedischen Belagerungsringes um Erfurt. 1637 wurde der Flecken durch kaiserliche Truppen geplündert. Der zusammengebrochenen Wirtschaft folgten wie in weiten Teilen des deutschen Reiches Hungersnot und Typhus. 1683 forderte eine Pest-Epidemie unter den 600 Einwohnern 220 Todesopfer.

Bekannt ist Werningshausen durch das „Priorat Sankt Wigberti“, ein approbiertes lutherisches Kloster benediktinischer Ausrichtung, in welchem evangelisch-lutherische und römisch-katholische Mönche nach der Regel des Hl. Benedikt beten und arbeiten. Das in den historische Pfarrhaus von 1750 war dem Verfall nahe, als es unter sozialistischen Fahnen 1973/74 von den Mönchen wiederaufgebaut wurde.

Die Cux-Mühle im Süden von Werningshausen ist eine ehemalige Wassermühle von 1933, die übrigen Gebäude jedoch wesentlich älter und im Fachwerkstil errichtet.

Henschleben

Heute liegt Henschleben hinter dem Damm des Rückhaltebeckens von Straussfurt. Die geschützte Stelle an der Unstrut ließ bereits in frühen Jahrhunderten die Menschen siedeln. Bei archäologischen Grabungen wurde eine goldene Fibel mit eingelegten Edelsteinen aus der römischen Kaiserzeit gefunden. Auf den heute durch das Becken überfluteten „Mordäckern“ soll dem Thüringer Chronisten Olearius zufolge 1075 die Schlacht zwischen den Truppen Heinrich IV. und dem sächsisch-thüringischen Bündnis unter Gegenkönig Rudolph von Schwaben stattgefunden haben. Doch da es darüber keine weiteren Zeugnisse gibt und bereits Homburg als Schlachtenort feststeht, wird angenommen, dass der Chronist die Schlacht von 1075 verwechselt hat. Doch mit welchem anderen Feldzug?

Vehra

Das kleine, nur wenige Häuser zählende Vehra liegt gegenüber Straussfurt auf der südlichen Unstrutseite. Das ehemalige Fährdorf, dessen Name vom althochdeutschen „farjo“, Fähre, kommt, steht für Reinhold Andert augenscheinlich im Widerspruch zum nahegelegenen Straussfurt, „Stuchesfurt“, Furt am feuchten Gestrüpp, legt man die Gründung beider Siedlungen ins selbe Jahrhundert. Aufgrund der Schwankungen im Wasserstand von Bächen und Flüssen über die Jahrhunderte, welche auf die Schankungen des Meeresspiegels zurückzuführen sind, vermutet der Historiker das „Straußfurt um die Zeitenwende oder um das Jahr 500 herum gegründet und benannt wurde, Vehra dagegen in einer dazwischenliegenden Feuchtperiode, vielleicht um das Jahr 750.“ Kaiser Otto IV. überschreibt 1208 dem Zisterzienser-Kloster Pforta einen Meierhof mit Fischereirechten namens „vere“. Im Zuge der Säkularisierung des Klosters Pforte kommt das Gut Vehra an die Familie von Selmnitz und wechselt in den folgenden Jahrhunderten mehrfach den Besitzer.

Straußfurt

„Das landtagsfähige, zur Kategorie der alten und befestigten Güter gehörige, im Thale der Unstrut belegene Rittergut Straussfurt ist im 16. Jahrhundert durch Vereinigung von fünf selbstständigen, je mit Lehn- und Gerichtsbarkeit ausgestatteten Gütern, gebildet worden und umfasst ein im Ganzen fruchtbares Areal von 2500 Morgen Land und Wiesen, welches in einem zusammenliegenden Plane das Gutsgehöft umgiebt. Das Schloss besteht aus vier Flügeln, von denen der südliche in zwei Thürmen hervorspringt; dieser Flügel, sowie der westliche und östliche sind im 16, Jahrhundert, der das ursprünglich offene Schloss-Gebäude schliessende nördliche Haupt-Flügel1, geziert mit dem Freiherrlich von Münchhausen'schen und Freiherrlich von Wangenheim'sehen Wappen, im Jahre 1735 erbaut worden. Die vier Schloss-Flügel bilden einen freundlichen, mit Brunnen, Rasen und Blumen-Beeten geschmückten Hof. An das Schloss schliesst sich an die westliche Seite, von welcher die Ansicht aufgenommen ist, desgleichen an die südliche Seite ein, schon seit langer Zeit angelegter, in der Neuzeit mit besonderer Vorliebe gepflegter Park an, weicher in einem Umfange von ca. 40 Morgen die schönsten und seltensten Zierbäume und Sträucher enthält und sich anlehnt an einen, mit ca. 8000 Obstbäumen der edelsten Sorten bepflanzten Berg, welcher eine liebliche Landschaft bietet und zugleich auch dem unbewaffneten Auge den Thüringer-Wald und das Harz-Gebirge erkennen lässt. Vor der nördlichen Seite des Schlosses dehnt sich ein geräumiger, durch einen Bach durchschnittener Wirthschaftshof aus, an welchen sich östlich ein besonderer Scheunenhof und ein im vorigen Jahre neu hergestellter Schäfereihof anschliessen; sämtliche Wirtschaftsgebäude sind massiv erbaut. Unmittelbar an das Schloss - Gehöfte grenzt das an 1200 Einwohner zählende Dorf, in welchem sich eine Kirche, eine Pfarre und drei Schulen befinden, über welche den Schloss-Besitzern das Patronat zusteht.“ schreibt der Berliner Verleger Alexander Friedrich Wilhelm Duncker Grafiksammlung preußischer Schlösser, die in den Jahren 1857 bis 1883 erscheinen.

Bereits in karolingischer Zeit eine bedeutende Siedlung, taucht der Ort 744 in einem Verzeichnis von Schenkungen aus Thüringen an das Kloster Fulda auf. Die Geschichte berührt die Gegend mehrmals. Dem Reformer Thomas Müntzer schleißen sich 1525 zwanzig Straußfurter Bauern dem sogenannten „Salzaer Haufen“ an. 1592 vernichtet ein verheerender Brand über siebzig Häuser, fünf Jahre später reißt die Pest 350 Straußfurter in den Tod. Die „Thüringer Sintflut“ von 1613 scheint mit ihren Verwüstungen denen der Apokalypse des Dreißigjährigen Krieges vorauszugehen. 1752 kommt es, neben den immer wiederkehrenden Überflutungen zu einem besonders schweren Hochwasser; welches mit Anlass zur Urbarmachung der Unstrut im großen Stil gibt. Die Chronisten von Wikipedia berichten später: „Am 10. April 1945 rückten nach Kampfhandlungen mit Volkssturm, Beschuss und Zerstörung von Turnhalle, Güterschuppen und Ziegelei amerikanische Truppen in Straußfurt ein. ... 1945 erfolgte im Rahmen der Bodenreform die Enteignung des Ritterguts, des Schlosses und der Münchhausen-Stiftung. Ein Drittel der 620 ha wurden ein Volkseigenes Gut (VEG), zwei Drittel aufgeteilt und Neubauernhöfe geschaffen. Zwischen 1945 und 1948 erfolgten der Abriss (zur Gewinnung von Baumaterial, das aber nicht geeignet war) und letztlich die Sprengung des Schlosses. Dabei berief man sich auf den SMAD-Befehl 209 zur Beseitigung von Adelssitzen. Die Münchhausen-Waisenhausstiftung wurde 1951 aufgelöst.“

Mit dem Bau des Rückhaltebeckens zwischen Henschleben, Vehra und Straußfurt sollte die ständige Hochwassergefahr der Unstrut für immer gebannt werden. Doch immer wieder lässt der Fluß seine Muskeln spielen und im Frühsommer 1994 treten die Wasser über den 7,7Meter hohen Damm und verwandeln das Unstruttal wieder wie seit Jahrtausenden in einen See.

Überregional ist das südlich gelegene Priorat Sankt Wigberti in Werningshausen, welches 1987 als erstes Benediktinerkloster nach der Reformation in Deutschland wieder zugelassen wurde.

Wundersleben

„Im Jahre 1515 rät der Erfurter „Wegweiser der Kreuzstraßen“ den Händlern, die Unstrutbrücke in Wundersleben zu benutzen. Brücken mussten zu damaliger Zeit fast nach jeder Überschwemmung erneuert werden. Um die Brücke in Wundersleben kümmerte sich der Fiskus, die Stadt Erfurt, später die Stadt Weißensee. Von ihnen wurde die Brücke instandgehalten und erneuert. Dieser Weg musste also schon sehr frühzeitig der offizielle Geleitweg gewesen sein, die Nord-Süd-Magistrale für Thüringen. Im 16. Jahrhundert muß sie verlegt worden sein, denn die Gemeinde musste für die Brücke selbst sorgen. So kam es, dass man sich bereits im Jahre 1576 über den miserablen Zustand der Brücke beklagte.“ schreibt Reinhold Andert auf seinem Weg entlang der Unstrut.

Sömmerda

Wenige Kilometer östlich des altthüringischen Wehrdorfes Tunzenhausen liegt Sömmerda. Die Unstrut ändert hier in einem scharfen Knick ihren Lauf und schwenkt nördlich in Richtung Artern. Bereits seit Jahrhunderten ist die Gegend eng besiedelt, zahlreiche Wüstungen belegen das. Der „Sömmern“-Orte, der Namensforschung nach slawischen Ursprungs, gab es viele im Unstrutknick. Archäologische Funde wiesen nach, dass die Siedlungen bis in das früheste Mittelalter reichen und im Altthüringer Gau Engilin lagen, die hauptsächlich von Angeln aus dem heutigen Schleswig besiedelt waren. 918 überschrieb Konrad I. den Land und Leute dem Kloster Fulda. 1342 fällt Sömmerda an die Grafschaft Schwarzburg, die ihn fast achtzig Jahre später an die Stadt Erfurt weiterverkauft. Der Dreißigjährige Krieg zieht auch die thüringische Stadt in ihren blutigen Strudel, Epidemien folgen auf Plünderungen und Mord. Niedergang und Aufschwung wechseln in den folgenden Jahrhunderten häufig. Nach dem Wiener Kongress fällt Sömmerda 1813 an Preußen. 1817 gründet der in Sömmerda geborene Erfinder des Zündnadelgewehrs Johann Nikolaus von Dreyse mit dem Fabrikanten Kronbiegel die Metallwarenfabrik Dreyse & Collenbusch, die 1901 durch die Rheinische Metallwaren- und Maschinenfabrik (Rheinmetall) in Düsseldorf übernommen wurde. Zu DDR-Zeiten entwickelte sich die Stadt zum Industriezentrum. Am 17.Juni 1953 protestierten Arbeiter und Bauern gegen den Arbeiter- und Bauernstaat; der Ausnahmezustand und sowjetische Panzer beendeten das Aufbegehren. Nach den friedlichen Protesten im Herbst 1989 kommt die Wende ins Unstruttal, Büromaschinenwerk und Ziegelproduktion werden stillgelegt, das Elektronik-Kombinat Robotron wird von Fujitsu Siemens Computers übernommen.

Weißensee

Weißensee, auf halbem Weg zwischen Wartburg und Neuenburg, galt im Mittelalter als „Cor Thuringiae“, das Herz Thüringens. Auf dem gegenüber dem „Kainsberg“ liegenden „Hundefeld“ wird der Schlachtort zwischen dem Heer König Heinrichs I. und den Hunnen beim Ort Riade im Jahr 933 vermutet. Die schriftlichen Spuren Weißensees beginnen 1168 in den Chroniken des Klosters Reinhardsbrunn, dem Hauskloster der Thüringer Landgrafen, in welchen nachzulesen ist, dass auf Geheiß von  Ländgräfin Jutta Claricia von Thüringen, einr Halbschwester Kaiser Friedrich Barbarossas, die Burg in Weißensee zu einer Residenz der Landgrafen von Thüringen ausgebaut werden soll. 1180 besiegen die Truppen des Braunschweiger Heinrich der Löwe das Heer des thüringischen Landgrafen Ludwig III. Nach dem hessisch-thüringischen Erbfolgekrieg fällt Weißensee mit den thüringischen Landesteilen an Markgraf Heinrich III. von Meißen. 1382 kommt die nun 120jährige Stadt wieder in den Besitz der Thüringer. Während des Bauernkrieges 1525 wird den aufständischen Bauern der Einlass in Stadt und Burg verweigert. Im Zuge der Sekundogenitur fällt Weißensee zwischn 1656 bis 1746 dem Herzogtum Sachsen-Weißenfels zu. Nach dem Wiener Kongress kamen Stadt und Burg 1815 an das Königreich Preußen. Weißensee wird nach dem Wiener Kongress preußisch und Verwaltungssitz im Regierungsbezirk Erfurt der Provinz Sachsen.

Leubingen

Die 1877 durch den Jenenser Archäologen Friedrich Klopfleisch im zwischen Leubingen und Stödten liegenden Hügelgrab gemachten Funde war eine Sensation. Das „Fürstengrab von Leubingen“, ein Grabhaus aus miteinander verbundenen Eichenbohlen, deren Zwischenräume mit Gips verschmiert waren und das Skelett eines alten Mannes, quer darüber das eines etwa sechzehnjährigen Menschen gelegt und mit zahlreichen Beigaben, avancierte zum  langjährigen Untersuchungsobjekt. In der Sonderschau des Informationszentrums Arche Nebra bei Wangen werden 2014 die „Herrscher der Bronzezeit – Wandel der Eliten in Mitteldeutschland“ ins Blickfeld gerückt. Die Ausstellungsverantwortlichen vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt und der Arche Nebra fassen den Wandel zusammen: „Die gesellschaftliche Elite in Mitteldeutschland wird um 1600 v. Chr. durch heftige Turbulenzen erschüttert. Nicht zufällig wird damals die Himmelsscheibe von Nebra vergraben. Die einst blühende Kultur der frühen Bronzezeit mit ihren mächtigen „Fürsten“ und deren monumentalen Grabbauten geht zu Ende. Als Spitze der Gesellschaft etabliert sich eine neue Elite mit neuen Statussymbolen, die allerdings nicht mehr an das kulturelle Niveau der frühbronzezeitlichen Fürsten anknüpfen konnte. ... Nirgendwo sonst wird der Wandel der Eliten um 1600 v. Chr. anhand archäologischer Befunde so deutlich wie in der Region im Umkreis von 30 bis 40 km um Nebra. ... Während dieser Zeit perfektionierte man die Bronzeverarbeitung und organisierte weiträumigen Handel sowohl mit Rohstoffen als auch mit Fertigprodukten. Da die Metallherstellung und -distribution sehr unterschiedliche Fähigkeiten und Kompetenzen erforderte, führte dies zu einer stärkeren Differenzierung der Gesellschaft. An der Spitze bildete sich eine profitierende Oberschicht heraus, die in den „Fürstengräbern“ (von Leubingen und Helmsdorf, A.d.R.) archäologisch fassbar wird.

Folgt man 1995 dem Historiker Reinhold Andert, entdeckt man die frühen Funde von Friedrich Klopfleisch in der Krypta der Leubinger Petrikirche. „Die Schädel“, schrieb Klopfleisch, sollen von „langem und runden Typ sein.“ Andert vermutet darin eine Mode des 5.Jahrhunderts, bei der neugeborenen Mädchen feste Binden um die Stirn gebunden wurde, um so einen zylinderförmigen Kopf zu erzwingen. Die modische Unsitte wurde von den Hunnen aus Zentralasien mit nach Südeuropa gebracht und von den Thüringern übernommen. In der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern 451 kämpfen sie als Verbündete der Hunnen; nach dem Tod Attilas 453 erlischt die Sitte der Schädeldformation.

Scherndorf

Das zur ehemaligen Komturei Griefstedt gehörende Dorf wurde in einer Urkunde vom 14. September 1271 erstmals genannt. Nach den Beschlüssen des Wiener Kongresses wurde der kleine Ort im ehemals kursächsischen Amt Weißensee, 1816 dem Landkreis Weißensee im Regierungsbezirk Erfurt der Provinz Sachsen zugeteilt.