WÖRLITZER GARTENANLAGEN
ENGLISCHE GÄRTEN UND ITALIENISCHE VULKANE IN ANHALT
Weltkulturerbe Gartenreich

„Der Garten liegt in einer Ebene, in der Nachbarschaft großer Waldungen. Ungefähr in anderthalb Stunden ist er ganz zu umgehen; um aber die inneren Scenen nur flüchtig zu durchlaufen, werden wenigstens drei Stunden erfordert. Es ist weder durch eine Mauer, noch durch eine Verzäunung eingeschlossen. Die Grenzen sind theils natürlich durch den See bezeichnet theils künstlich durch Canäle, Wälle, Alleen, Hecken versteckt, theils auch unbestimmt gelassen. Ein Fremder rechnet daher die den Garten umgebenden schönen Triften, Äcker, Wälder und Wiesen dazu, und täuscht sich also in der Vorstellung von dessen Umfange.“*

Schweizer Fenster

Im Gotischen Haus konnte Fürst Franz seinem ganz persönlichen Sammlungsinteresse nachgehen und eine große Anzahl Gemälde bedeutender deutscher und altniederländischer Meister, kunstgewerbliche Gegenstände und Naturalien zusammentragen. Eine Besonderheit ist die Sammlung kostbarer Glasgemälde aus der Schweiz vom 15. bis 17. Jahrhundert die in die hohen Maßwerkfenster eingebaut wurden.

"Wörlitz liegt von Dessau in einer Entfernung von 1 ¼ Stunde, zu fahren, und 2 ½ Stunden, zu gehen. Es führen zwei Wege dahin. Der gewöhnliche ist anfangs eine Chaussee, welche über Naundorf, vor Gustav Adolph vorbei, bis zu dem großen Elbwalle hinter Vockerode führt. Man bleibt bis zu Bertings Überfahrt auf diesem Walle; hier verlässt man endlich denselben, indem man sich in eine Pappelallee wendet, welche sich über den Wörlitzer Anger bis nach Wörlitz schlängelt. …“*

Die Wörlitzer Parkanlagen sind das Kernstück des Dessau-Wörlitzer Gartenreiches und Inbegriff von deutscher Aufklärung und Klassizismus. So lautet die Zusammenfassung aller Beschreibungen über die bekannten Gärten. Reiseveranstalter sind inzwischen auf den Geschmack gekommen und bieten Ausflüge ins Anhaltische. Kultur und Klassizismus kommen im Deutschland des 21.Jahrhunderts langsam wieder in die Mode oder waren sie für ihre, bescheidenen, Verhältnisse noch nie aus der Mode gewesen? Zahlreichen, nicht minder bewundernswerten, jedoch nicht ganz so berühmten Parkanlagen stand Wörlitz Pate. Alternativ muss es eben nicht immer Wörlitz sein. Doch zumindest einmal oder zweimal oder doch immer wieder. Denn zu entdecken gibt es immer wieder Neues in den Anlagen, die einst auf Weisung von Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau angelegt wurden. Heute gehören die Wörlitzer Anlagen, die im Grunde genommen aus fünf Einzelgärten bestehen, zu den historischen Parks von Sachsen-Anhalt, die europaweit bekannt sind.

Als vor einigen Jahren der historische „Stein“ wieder seinen „Betrieb“ aufnahm, berichteten zahlreiche Gazetten über das Ereignis. Der „Stein“ wurde in den späten 1780er Jahren nach Plänen Leopold III. als Erinnerung an seinen Aufenthalt am Golf von Neapel als künstliche Insel erbaut, die von einem künstlichen Vulkan gekrönt wird, der dem Vesuv nachempfunden ist. 2005 und 2006 konnte nach langen Jahren der Ruhe der Vulkanausbruch wieder vorgeführt werden.

Im Herbst wird es im kleinen Städtchen Wörlitz trist, die Touristenströme reißen nahezu ab und in den Gassen scheint der Winterschlaf einzutreten. Ein eigener Glanz fällt mit den eingefärbten Blättern über Schlossgarten, Weidenheger  und die Neuen Anlagen, in denen die Entwicklungsschritte bis zur hohen Schule der Landschaftsarchitektur des späten 18.Jahrhunderts nachzuvollziehen sind. Die verschlungenen Wege, die in fast jeder Biegung ihren Blick auf das planmäßig gestaltete Gelände geben, fügen sich in das zugrunde liegende Leitthema „Nützliches mit dem Schönen verbinden“ ebenso wie Palmenhaus und Deich ein. Der seit Anbeginn öffentlich zugängliche Park wurde zum Novum deutscher Aufklärung. Englische und italienische Landschaftselemente wechseln in der anhaltischen Tiefebene einander ab. Pappelalleen sind für die langen schmalen Sichtachsen charakteristisch und doch sollte, den englischen Gestaltungsgrundsätzen des ausgehenden 18.Jahrhunderts folgend, alles wie zufällig und natürlich entstanden wirken.

„Es ist verbeten 1) Mit eisenbeschlagenen Stiefeln und Stöcken in Schloß und Garten zu gehen 2) In dem Garten über den Rasen zu gehen 3) Im Schlosse oder im Garten Thee oder Kaffee zu trinken, und Collationen oder Malzeiten zu halten 4) An Wände oder Statüen etc. etc. Nehmen oder Einfälle anzuschreiben. Um das Schloß zu besuchen, meldet man sich bei dem Castellan, der im Souterrain, rechter Hand, wohnet.“

Die Wörlitzer Anlagen, Inbegriff der Aufklärung in Deutschland, wurden auf Anweisung des Fürsten Leopold III. Freidrich Franz von Anhalt-Dessau ab 1764 im englischen Stil angelegt. Das kleine Fürstentum, das heute mehr Anteil am Namen des Bundeslandes Sachsen-Anhalt als Fläche hat, wurde zum Reiseziel bedeutende Zeitgenossen. Als frühestes, heute noch erhaltenes Werk der deutschen Landschaftsgartenkunst sind die Anlagen europaweit bekannt. Vielfach kopiert treibt die weitläufige Anlage, die Pilgerziel zahlreicher Gelehrter wurde, noch jeder Landschaftsarchitektin und jedem Landschaftsbauer das Leuchten in die Augen. Die Anlagen, deren zentrales Element der Wörlitzer See ist, ein ehemaliger Altarm der Elbe, bestehen aus fünf ineinander übergehenden Einzelgärten: dem Schlossgarten mit dem klassizistischem Schloss, Neumarks Garten, Schochs Garten mit Gotischem Haus, Flora- und Venustempel, Weidenheger und den Neuen Anlagen.

Noch einiges zur Historie der Anlage. Von ihrer Englandreise zurück, wählten Franz von Anhalt-Dessau und sein Freund und Architekt Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff das verschlafene Wörlitz zum Ausgangspunkt moderner Landschaftsgestaltung. Von hier bot die natürliche Beschaffenheit der Flussauen von Elbe und Mulde ideale Voraussetzungen für die weitläufigen Gartenanlagen. Im Milleniumsjahr 2000 wurde das Gartenreich Dessau-Wörlitz mit dem Welterbestatus der UNESCO ausgezeichnet. Das Gartenreich sei „ein herausragendes Beispiel für die Umsetzung philosophischer Prinzipien der Aufklärung in einer Landschaftsgestaltung, die Kunst, Erziehung und Wirtschaft harmonisch miteinander verbindet.“

Die Fähre geht an einem an beiden Ufern befestigten Seile, und ist so eingerichtet, daß man sich darauf ohne Mühe, vermittels der angebrachten Winden, selbst überfahren kann. Ihr zur Seite erhebt sich auf einer grünen Anhöhe, den Eingang nach der Stadt gerichtet, der Judentempel, der den Juden wirklich zu ihrem Gottesdienste dient, und vom Fürsten im J. 1787, nach der Idee des Vestatempels zu Rom, so wie dieser nemlich jetzt aussieht, erbauet worden ist. Gerade vor sich am jenseitigen Ufer fällt die collosalische Venus aus dem Bade ins Auge; zur Rechten aber in der Ferne sieht man zwischen Bouquetten von Lombardischen Pappeln einen erhabenen steinernen Sitz am Georgen-Canal.“*

Das „Weltkulturerbe Gartenreich“ erstreckt sich zwischen der Bauhausstadt Dessau und der Lutherstadt Wittenberg und zieht mit seinen Wörlitzer Gärten, Oranienbaum sowie das Luisium und Mosigkau in Dessau, den zahlreichen Kirchen und Anlagen Jahr für Jahr zahlreiche Besucher an. Heute verbindet die Gesellschaft der Freunde des Dessau-Wörlitzer Gartenreiches e.V. nach eigenen Angaben mehr als 1.000 Mitglieder aus dem In- und Ausland. Als im Jahr 2012 das historische Anhalt seinen 800.Geburtstag feierte, kam neben zahlreichen Besuchern und Festgästen auch zahllose Prominenz wie Prinz Eduard von Anhalt, Bundespräsident Joachim Gauck und Königin Beatrix der Niederlande in die Ostprovinz. Königin Beatrix  eröffnete im April die Ausstellung „Dutch Design“ in Oranienbaum die anlässlich der Feiern die Verbindung zwischen dem heutigen Sachsen-Anhalt und den Niederlanden aufzeigen sollten.

* Alle Textauszüge aus „Beschreibung des Fürstlichen Anhalt-Dessauischen Landhauses und Englischen Gartens zu Wörlitz von August von Rode“, Mitteldeutscher Verlag 2008

Eisenhart

Die Wörlitzer Anlagen, Inbegriff der Aufklärung in Deutschland, wurden auf Anweisung des Fürsten Leopold III. Freidrich Franz von Anhalt-Dessau ab 1764 im englischen Stil angelegt.

Gotisches Haus

Der 1773 begonne Bau geht auf den englischen Landsitz Strawberry Hill zurück. Aufgrund mehrfacher Erweiterungen wurde das Gotische Haus erst 1813 vollendet.

Wörlitzer See

Eine Kahnfahrt auf dem Wörlitzer See gehört zu den beeindruckendsten Erlebnissen.

Villa Hamilton

Fasziniert von seinen italienischen Erlebnissen 1766 veranlasst Fürst Franz von Anhalt-Dessau, dass in den Schlössern des Gartenreiches zahlreiche Motive des antiken Pompeji nachgestaltet werden.