YOUTH MEDIA CONVENTION
MEDIENMACHER ZWISCHEN KIEL UND OSLO 2001 - 2004

In früheren Jahren fand sich die Jugendpresse Deutschlands einmal im Jahr zum Informationsaustausch zusammen. Es war das große Highlight der jungen Medienmacher, die sich auf der Schifffahrtsroute Kiel - Oslo - Kiel zusammenfand, um über die Zukunft des Journalismus, über Ethik und das Verhältnis von politik und Medien zu diskuttieren. Es war die beste Chance junger Nachwuchsjournalisten über Pressekodex und Revolverjournalismus mit Profis und "alten Hasen" der Branche ins Gespräch zu kommen. Das Fährschiff der Colorline Reederei legte erst im schwedischen Oslo wieder an und stets schwebten trotz Medienkrise die Geister von Bob Woodward und Carl Bernstein mit.

Ich traf im September 2003 das erste Mal auf Gerhard Kromschröder, der als Reporter im ersten Irakkrieg anwesend war und von Ethik, Pressezensur und Mut spricht. Einige Jahre später sollte ich Kromschröder wieder in Halle begegnen. Im Interview mit India roth und Jeanette Trust äußert sich der Stern-Reporter zum "Embedded Journalism".

„Ich bin kein Fotoreporter, sondern Reporter und fotografiere auch!“ Der in Hamburg lebende Sternreporter Gerhard Kromschröder war drei Jahre als Nahost-Korrespondent in Kairo tätig und liefert gleich zu Beginn seiner Lesung im Konferenzsaal „Puttgarden 2“ ein Beispiel für ungenügende Recherche. „Immer aufpassen, immer nochmal nachfragen!“ fordert er sein junges Publikum im Konferenzsaal auf.

Ab und zu streicht er sich nachdenklich über den Bart oder faltet seine Hände ineinander, um dann eine Frage aufzuwerfen, wie: „Was ist Dichtung und was ist Wahrheit?“. Der Autor des Buches „Bilder aus Bagdad“ kam mit einem Thema der diesjährigen YMC „Pressefreiheit und Kriegsberichterstattung“ direkt in Berührung. Denn er bekam als einziger Stern-Journalist ein Bagdad-Visum im ersten Golfkrieg. Um die Problematik der dortigen Berichterstattung zu verdeutlichen, zitiert Kromschröder aus seinen Tagebucheinträgen.

Neben böswilligen Zensuren kurz vor den Veröffentlichungen des Artikels oder beim Akkreditieren für brisante Kriegsschauplätze stellen die chaotischen Zustände der Krisengebiete  den unabhängigen und objektiven Journalismus auf eine harte Probe.

Und die Frage der Ethik? Oft eine Frage der Zeit. Stinkendes Abwasser, das sich in Kanälen staut, kein Strom und geschlossene Märkte beschreibt er als den Kriegsalltag. Man sei da richtig froh, wenn man in einem der stockdunklen Hotelflure mal einem Menschen begegne. „Na und, brauch ich das zum Überleben?“, sagte sich der Reporter, wenn es mal wieder an etwas mangelte.

Ein ernst zu nehmendes Problem seien die Kriegsparteien, die, nachdem sie die Presse bereits in ihre militärische Strategie eingeplant hatten, gezielt versuchten, diese zu manipulieren. Im Krieg gegen den Terrorismus sieht Kromschröder die Mutter aller Lügen. „Die Desinformationskampagne der USA“, berichtet er, „macht die genaue Recherche unabdingbar.“ Zu häufig sei Information nichts als Illusion. Er müsse eine wirklich dicke Haut haben, da er bei seinen Bildern menschliche Katastrophen nicht verwackle, wurde ihm einmal gesagt. Eine dicke Haut habe er nicht, es sei das Medium, das zwischen ihm und der Realität stünde; es sei einfacher, sich nur mit dem Abbild des Horrors auseinander zu setzen als mit der Wirklichkeit. Dank seiner Kamera fühle er sich als Fotograf sicher: „Sie steht zwischen mir als dem Journalisten und der grausamen Realität.“ Doch hier wirft Kromschröder selbst die Frage auf, ob Journalisten, die durch den Schutzmechanismus der Realitätsverklärung nicht nach einiger Zeit abhärten und deshalb streitwürdige Motive des Krieges ablichten.

Eigentlich unvorstellbar, wie es einem möglich sein soll, Fotos von Krieg, Leid und Tod zu machen und damit Geld zu verdienen. Viele mutige „Frischlinge“, bei denen man den Mut nach Kromschröder eher mit dem „Bruder Dummheit“ gleichsetzen könne, finde man in ihrem eigenen Blut. Kein unbedeutendes Risiko, das früher Ehrgeiz birgt.  Journalisten sind Menschen und begehen Fehler. Auch er fragt sich, warum er in bestimmten Momenten nicht funktioniere. „Seid hart, aber empfindsam“, gibt er uns mit auf den Weg. Als nächste Generation der Medienmachenden liegt es nun an uns, die Rolle und vor allem auch die Qualität der Medien nicht nur in Krisen, sondern der gesamten Zukunft zu gestalten.“

Jugendpresse

Es ist besonders der Pressekodex, der immer wieder zu Diskussionen führt. "Die Achtung vor der Wahrheit" wird u.a. vor dem Hintergrund schneller Medienmache schnell zur Farce.

Belt-Brücke Dänemark

Keine Chance für Aussteiger bietet die Fähre. Es ist der Raum für Pressegespräche, kritische Fragen und journalistischen Austausch.

Pressegespräch

Embedded Journalism. wie funktionieren Medienmacher in Zeiten der Krise, wie gehen Publizisten mit starken Charakteren um?