Das bewundernswerte an Thüringen ist, das es neben seinem äußerlichen bürgerlich-familiärem Flair immer wieder für Furore sorgt. Goethe und Schiller waren im Grunde genommen und der Forschung gedankt, jugendliche Aufrührer an des Herzogs Weimarer Hof, der Jenaer Klaus Renft war von eigenem Schlage und das ehemalige Tanzfest in Rudolstadt schon längst erwachsen geworden. Nicht das Hänschen in die Welt ging; nein, die Welt kommt nach Rudolstadt. In jedem Jahr und stets mit gleicher liebevoller Zuneigung und dank der unermüdlichen Arbeit und dem Enthusiasmus der Organisatoren, Texter, Freund und Fotografen des größten Folk-Roots-Weltmusik-Festival Deutschlands.
Mit dem TFF ist es wie mit einer wahren Liebe. Wenn mal einmal von der entspannten Atmosphäre genascht, sich einmal im Tanzzelt ausgetobt und mit hunderten anderen, fremden, gleichgesinnten TFF-Pilgern auf der Heidecksburg gefeiert hat, der möchte immer wieder kommen. Die Liebe wird eben nur intensiver mit den Jahren. Und das bewundernswerte wiederum am heutigen TFF ist, dass es eine Feier für alle ist. Das TFF benötigt keine Vergleiche und steht mit seinen Künstler und Musikern, Straßenschaustellern und Pilgern, die begeistert und sehnsüchtig das erste Juliwochenende feiern, als thüringisches Markenzeichen. Das TFF ist mehr als Tanz- und Folkmusik. Ihm gelingt es, Generationen jenseits vom Rennsteiglied zu verbinden ohne jedoch auf solche Traditionen zu verzichten. Das Festival ist besser als jeder Musikunterricht, besser als Kunsterziehung und Soziologie. Denn zwischen Heidecksburg und Heinepark begegnet man all denen, die sich für traditionelle Tanzmusik aus Äthiopien ebenso interessieren wie für Banjo, Dudelsack und Kurzhalslaute. Das TFF ist für notorische Liebhaber und im positiven Sinn gemeinte Wiederholungstäter.
So kommt in diesem Fall auch ein Rückblick ohne Vorschau nicht aus. Das Festival 2013 stand im Zeichen Italiens und Baden-Württembergs, kam ohne Tanzschwerpunkt aus und konzentrierte sich mit der Flöte auf das früheste Zeugnis der Musikinstrumentengeschichte. Der Rudolstädter Musikunterricht im Zeichen des TFF-Magieprojekts „Magic Flutes“ wurde denn auch bei schönstem Sonnenschein, von dem Iren Alan Doherty, dem Türken Kudsi Erguner, Meike Herzig oder Ravichandra Kultur aus Indien begleitet, um nur einige zu nennen. Der diesjährige italienische Tribut fand jenseits singender Barbiere statt, denn abseits der Klischees ist „die Vielfalt, die ein historisch und kulturell fragmentiertes Land wie Italien im Laufe der Jahrhunderte hervorgebracht hat, unvorstellbar groß.“ wie Elisabetta Gaddoni im wie immer liebevoll gestalteten Begleitheft bekannte. „Italienreisende, die hinter der Dominanz der Popmusik, die im Radio und im Fernsehen verbreitet wird, nach traditioneller Musik suchen, werden nicht so leicht fündig.“ Umso beruhigender wenn man sich sicher sein kann am Saalebogen keinen Mainstream zu hören, sondern Augen und Ohren hinter Massenware zu lenken und die Seele zur Erholung schicken zu können. Und da ist es eben wie mit der richtigen Liebe, die mit den Jahren immer besser wird und nicht mehr nur an der Oberfläche interessiert ist.
2014 steht indessen im Zeichen Tansanias, die Konzerte rund um das magische BASS-Instrument, von Kontrabass bis Tuba und Samba als Tanz des Jahres in den Rudolstädter Altstadtgassen. Zudem die gewohnte Verleihung des Deutschen Weltmusikpreises "RUTH", Kinderfest und Instrumentenbauzentrum, Workshops, Diskussionen und verschiedene Ausstellungen. Und so ist vor nach dem Fest vor dem Fest.