EDINBURGH
NEW AND OLD TOWN, ROYAL MILE, ROBERT BURNS, JEKYLL AND HYDE
Royal Mile

Den Kammweg von Edinburgh Castle zum Holyrood Palace führt die Royal Mile, eine Straßenkette von einer Meile, die "das Rückgrat der Old Town" bildet. In sie münden viele kleine Gassen. In frühen Zeiten, vor Touristen und I-Phone, drängten sich hier Bettler und Mörder, Huren, Fischweiber, Händler, Könige und Genies.

Das schottische Wesen ist unergründlich wie seine Lochs, widerspenstig wie sein Wetter und manchem Zeitgenossen seiner brutalen Zurschaustellung wegen ein Graus.

Presselandschaft

Die Vielfältigkeit westlicher Medien ist unabhängig ihres geistigen Inhalts. The Scotsman ist eine der großen Tageszeitungen, die neben der lokalen Presse, wichtigen politischen und allgemeinen Informationen auch den Voyeurismus der Masse bedient.

Meine erste Begegnung mit Edinburgh lag schon etliche Jahre zurück. Ich kam im Mai 1997 von Bellingham, hatte mich an den Linksverkehr gewöhnt und den schottischen Nieselregen noch vor mir. Ich gönnte mir aufgrund des anhaltend trüben Wetters nur einige Stunden am Firth of Forth und versprach, bald wieder zu kommen. Doch ich sollte sechs Jahre benötigen, um Edinburgh wiederzusehen. In der Zwischenzeit hatte ich Südeuropa bereist und dort viel Neues kennen und schätzen gelernt. Die Erkenntnis, das Reisen lehrt, hatte ich verinnerlicht und mir trotz vieler Rückschlage die Neugier und Offenheit anderen Kulturen und Menschen gegenüber bewahrt. Schotten sollten nicht einfach sein; ihre rüpelhaften und teilweise gefährlichen Auftritte bekannt.

2003 hielt ich es für notwendig, meinen englischen Sprachschatz wieder aufzufüllen und flog für zwei Wochen nach Edinburgh. Auch wenn mich der raue schottische Akzent begleiten sollte, lohnte sich der Aufenthalt in vielfacher Hinsicht. Ich wohnte bei Sandra und Gordon. Mit Mar aus Barcelona, der Schweizerin Claudia und Sandra aus Frankfurt, Vroni und dem Mailänder Andrea zogen wir durch die Strassen und Pubs von Old und New Town, philosophierten, sangen und unterhielten uns in einem von Dialekten durchtränkten Englisch und fanden in Ahmed einen wackeren Araber, der sich die Verköstigung der heimischen Biere zur persönlichen Aufgabe gemacht hatte.

„Bin gestern bei heißem Sonnenschein in Deutschland losgeflogen. Südlich von Edinburgh mussten wir aufgrund eines starken Gewitters eine weite Schleife fliegen. Mächtige Blitz zuckten über den Himmel und Winde rüttelten am Flugzeug. Mein Gästezimmer bei Sandra und Gordon in der Swanston Avenue ist klein, bescheiden und ich teile es mir mit Istvan, einem jungen Ungar. Kater Snookey ist für den Wachschutz verantwortlich, doch meistens schnurrt er im Wintergarten den Mahlzeiten entgegen. Wir essen Abends gemeinsam, wobei Sandra die Gespräche mit freundlicher Neugier lenkt und leitet.“(Tagebuch 2003)

Im Mai 2008 besuchte ich ein weiteres Mal Edinburgh. Diesmal reisten wir zu dritt, nutzten die Tage über Himmelfahrt und wurden mit typisch schottischem Wetter belohnt. Wechselhaft wie eh und je kamen wir in den unerschöpflichen Genuss von Sonne und Regen. Mir waren bei meinen letzten Besuchen die vielen Obdachlosen nicht so aufgefallen, wie bei dieser Reise. Entweder hatte sich mein Wahrnehmungsvermögen geändert oder die Zahl war tatsächlich gestiegen. Das die Pubs an Feiertagen und Wochenenden bereits um die Mittagszeit gut besucht sind, war hingegen Normalität. Unser Hotel lag in Sichtweite zur Donaldson School for the Deaf in Haymarket. Nachdem wir eingecheckt hatten, liefen wir die Princes Street hinüber zu Calton Hill. Rechterhand hoben sich Old Town und das Castle gegen den schottischen Himmel. An Nelsons Monument wehte uns bereits wieder ein kühler Wind um die Ohren; die wenigen Sonnenstrahlen konnten sich einfach nicht durchsetzen. Wie oft hatte ich seit meinem ersten Besuch vor 11 Jahren hier oben gestanden; Holyrood Palace zu meinen Füßen, den Firth of Forth im Rücken und die Royal Mile zwischen den Häusern der Old Town immer wieder hervorblitzen sehen. Unser erstes wohlverdientes Guinness bestellten wir in der George Street.

„Sind am Freitagabend um die Ecken gezogen, Pubhobbing“, mit den Schweizer Mädels, der Saudi Ahmed und Andrea und Mar, die ihre katalanischen Freunde mitgebracht hat. Die frischen sich in den Pubs einige Wochen als Studenten ihr Portemonnaie auf, kellnern oder musizieren. Wir verbrachten den Abend mit einem reichhaltigen Erfahrungsaustausch über die Wirtschaft in Deutschland und Spanien, die Berufschancen für Ingenieure und diskutierten die allgemeine Weltpolitik. Haggis, schottische Spezialität aus Schafsmagen und Nationalgericht, lag mir noch einige Zeit lang schwer im Magen. Ahmed lebte sich nach einigen Guinness wie die kuwaitischen Studenten am Nachbartisch aus. Weit ab der Heimat und fern der muslimischen Konventionen verbinden die jungen Araber ihr Englischstudium mit der praktischen Anwendung westlicher Eigenheiten. Die Schotten geben sich am Wochenende die Kante; verkleiden sich wie zum Fasching und kopulieren einige Tische weiter, bis sie von der Security rausgeschmissen werden.“ (Tagebuch 2003)

Strömender Regen begleitete uns den nächsten Vormittag; über die Princess Street Gardens und die Royal Mile hinauf bis zum Castle. Der schottischen Hochzeitsgesellschaft, die sich vor dem Eingang in ihren karierten Röcken zum Foto aufstellte, schienen gegen die Regenschauer resistent zu sein. Seit frühesten Zeiten wurde Din Eidyn, die Feste auf dem Berghang, von allen umkämpft, welche die Region beherrschen wollten. Neben den Scoten erhoben auch Kelten, Angeln, Briten und Wikinger Anspruch. Die Burg wurde im Lauf ihrer Geschichte immer wieder belagert, erobert, zerstört und wieder aufgebaut. Nach dem letzten Angriff 1745, durch den Bonnie Prince Charlie versuchte, den Thron zurückzuerobern, zogen in Edinburgh friedliche Zeiten ein, welche die lang geplagte Stadt zu einer der blühendsten der Welt verhalfen. Robert Louis Stevenson schrieb in seinen Picturesque Old Edinburgh 1878 über die Anlage. „Es sind bewaffnete Männer und Kanonen in der Festung oben; man kann sehen, wie die Soldaten auf dem Paradeplatz angetreten sind; und bei Nacht nach dem frühen winterlichen Dunkelwerden und am Morgen vor der späten winterlichen Morgendämmerung trägt der Wind den Klang von Trommeln und Hörnern über Edinburgh hinweg.“ Heute wird die ehemalige Königsburg mit ihrer langen Geschichte, den französischen Gefängnissen, dem Renaissance-Palast, St. Margarete’s Kapelle, Hundefriedhof und Kriegsgedenkstätte in erster Linie von Hunderten Touristen beschritten und besichtigt. Schottlands Kronjuwelen, die ältesten Insignien Großbritanniens und mit bewegender, Hollywoodreifer Geschichte, sind im Kronjuwelen-Zimmer hinter schwerem Panzerglas zu besichtigen. Direkt vor der Burg, der Esplanada, findet seit 1950 das Mililtary Tattoo statt, Schottlands größtes Musikfestival. Das Parade ist Teil des Edinburgh Festivals und trägt seit 2010 den von Königin Elisabeth II. verliehenen Titel Royal Edinburgh Military Tattoo.

„Unsere Lerngruppe besteht nun aus fünf Kuwaitern, drei Chinesen, einem Tschechen und mir. Glücklicherweise ist Susan eine verständnisvolle Dozentin und ich kann viel englische Sprache zu meinem Wortschatz hinzufügen. Am Dienstag war ich mit Sandra und Gordon auf ein Bier. Wir warfen etliche Runden Dart, ich probierte mich durch das reichhaltige Bierangebot – die Kellnerin warnte mich noch mit einem Lächeln vor Boddingtons „it kills you“ – und brauchte am folgenden Morgen etwa eine Stunde länger zum Aufstehen.“ (Tagebuch 2003)

Entlang der Royal Mile gibt es nicht nur eine Menge Souvenirläden und Kiltshops, sondern auch genügend Schotten, die sich ihre Lungen für ein kleines Entgeld auf dem Dudelsack herausblasen. Endlich Sonne. Holyrood Palace hält für uns den ganzen Tag Wärme und Licht bereit. Vorbei am schottischen Parlament, welches 203 noch im Bau war und seit September 2004 genutzt wird, nutzen wir den Tag, um die Gemächer Mary Stuarts und die Ruinen der Abtei zu besuchen. Der Stolz der Schotten, ihre lange Geschichte – von endlosen Kämpfen geschrieben, fand ihr heutiges Kapitel in allgegenwärtigen Überwachungskameras. Wir genossen am Mound Place unser letztes Bier, die wohltuende Wärme der langsam untergehenden Sonne und verließen am folgenden Tag Edinburgh mit dem irischen Billigflieger Richtung Bremen.

„Sandra und Gordon haben mich mit Yvonne und Sybill aus dem Schweizer Graubünden zu einem Ritteressen nach Borthwick Castle mitgenommen. Es war recht rustikal, spartanisch und wohlschmeckend. Zu vergleichen mit den Ritteressen auf den heutigen Burganlagen an Saale und Unstrut. Inzwischen sind aufgrund des Wetters Gordon und Yvonne verschnupft. Ich habe mir eine heiße Dusche und ein frühes Bett gegönnt. Morgen fliege ich zurück mit unzähligen schönen und neuen Erinnerungen an Edinburgh und Freunden in Europa.“ (Tagebuch 2003)
Princess Street Garden

Vor der Kulisse von Edinburgh Castle und Old Town finden während des Edinburgh Festivals zahlreiche Veranstaltungen statt.

Royal Mile - Lawnmarket

Auf dem mittelalterlichen Markt wurden täglich Molkereiprodukte und Fleisch, einmal wöchentlich Leinen und Wolle, verkauft. Neben zahlreichen Aristokaten und Kaufleuten ließen sich hier auch die Literaten Robert Bunrs und James Boswell nieder.

Holyrood Palace - Abbey

Nach der Gründung der Abtei durch König David I. 1128 wurde Holyrood ausgebaut. Di offizielle schottische Residenz der königlichen Familie steht während ihrer Abwesenheit den Besuchern zur Besichtigung zur Verfügung.

Pubs in Edinburgh

Klassiker oder Rustikal. Die Pubatmosphäre schottischer Pubs ist kein Privileg der Touristen, sondern wir von den Einheimischen täglich gelebt.