Marko Paysan, Berlin - Sounds of an Era
earbooks Verlag

ISBN 978-3-943573-17-6

Alltag, Musik und Lebenskunst einer fast vergessenen Ära

Marko Paysan, Berlin - Sounds of an Era, 1920-1950

Efim Schachmeister mit seinem Künstler-Ensemble, Lud Glsukin, Fred Bird Rhythmicans und George Nettelmann. Berlin besitzt seit jeher eine große Anziehungskraft für Lebenskünstler und Intellektuelle, Kreative und Touristen. Noch heute speist sich der Reiz aus den Jahren, als sich die Stadt an der Spree zur Weltstadt formt, Moloch und Muse sich ein visuelles wie musikalisches Denkmal setzen.

Josephine Baker schwärmte über das „Freudenhaus Europas“: "Die Stadt hatte ein juwelenhaftes Funkeln, besonders nachts, dass es in Paris nicht gab. Die riesigen Cafés erinnerten mich an Ozeandampfer, angetrieben von den Rhythmen ihrer Orchester. Überall war Musik."  Doch auch wenn die Welt an der Spree aus und ein ging und alle die etwas auf sich hielten, auf den Brettern der Berliner Bühnen auftraten: das Who’s Who der frühen Berliner Musikszene ist heute nur noch wenigen Insidern bekannt.

Der Musikhistoriker Marko Paysan lässt mit dem im earbooks-Verlag erschienen Prachtband die frühen Jahrzehnte und ihre Protagonisten wieder aufleben. Der Sound jener Jahre setzte ästhetische Standards, die hierzulande weder vorher noch nachher je wieder erreicht worden sind. Die erste Hälfte des 20.Jahrhunderts war von gravierenden politischen Umbrüchen geprägt, die sich auch auf die künstlerische Erneuerung der Stadt auswirken. Der Glamour der „goldenen Zwanziger“ hallte besonders in den Zeiten der Weltwirtschaftskrise und Depression nach. In den noblen Hotels und Bars der Metropole feierte die mondäne Gesellschaft gegen ihren Niedergang. Neonlicht im Halbdunkel, Asphaltschimmer und glitzernde Boulevards. Berlin war selbst Fritz Langs Metropolis, Symbol für Freiheit und Experiment, Ort der geistigen und erotischen Begegnungen in denen der Mythos auch zu den Klängen des Barnabas von Géczy und seinem Orchester geboren wurde. Das alte Berlin lebte von seinem eigenen Esprit, war voller Energie und international.

"Berlin ist trotz seiner schrecklich armen Bevölkerung eine Stadt des Lichts, des Lachens und der brillanten musikalischen Unterhaltung. Für jeden Musikgeschmack ist gesorgt. Man kann hier einen ganzen Abend herrlichster Musik jeglicher Art für nur ein paar Schillinge genießen. Ich war erstaunt über die Vielfalt an Orchestern und Musik. Es wimmelt von argentinischen Tangobands, ungarischen Zigeunerkapellen, russischen Balalaika-Orchestern sowie bekannten britischen und amerikanischen Tanzkapellen." (Ted Sommerfield, 1931)

Danach folgten die braunen Jahre, Gleichschritt und Gleichschaltung. Doch erst Krieg, Flucht und Vertreibung leiteten das Ende ein, welches im Nachkriegsgrau mit der neuen Weltordnung besiegelt wurde.

„Sounds of an Era“ ist eine wohltuende Zeitreise an die Spree. Mit den prächtigen Grafiken und Illustrationen, historischen und privaten Bildern aus der 30-jährigen Sammel- und Forschungsleidenschaft Paysans schließt der Historiker eine klaffende Lücke der deutschen Musik- und Kulturgeschichte. Ergänzt wird der Band durch drei CDs mit ausgewählten, teils raren Jazz- und Swing-Titeln sowie ausführlichen Linernotes und detaillierten Informationen zu den Künstlern. Die seltenen Pressungen historischer Originalaufnahmen wurden eigens für dieses Projekt digitalisiert und remastered. Die Kombination seltener Fotografien und historischer Tonaufnahmen bietet ein herzhaft üppiges Gemälde der Hauptstadt, in der Glanz und Elend zwischen Friedrichstraße, Wilhelmplatz und Kurfürstendamm zum Rhythmus von Oscar Joost und Ilja Lischakoff eng miteinander einhergingen.