Jens Schöne - Frühling auf dem Lande?
Ch. Links Verlag

ISBN: 3-86153-360-X

Die Kollektivierung der DDR-Landwirtschaft

Frühling auf dem Lande?

Anfang der 60er Jahre sprach man in der DDR oft und gern vom „sozialistischen Frühling“. Über ein Jahrzehnt Arbeiter- und Bauernstaat, ein Volksaufstand und Mauerbau gingen dem Frühling voraus. Und die Kollektivierung der Landwirtschaft. Mit ihr sollte nicht nur die chronisch schlechte Versorgungslage in den Griff bekommen, sondern auch „erzieherisch“ auf die Bevölkerung eingewirkt werden.

Jens Schöne veröffentlicht im Ch. Links Verlag unter der Rubrik „Forschungen zur DDR-Gesellschaft“ ein Buch, welches sich detailliert mit der Bodenreform auseinandersetzt. Es ist nicht der erste Beitrag zu einem besonderen Kapitel DDR-Geschichte, dessen Aus- und Nachwirkungen heute noch besonders im Osten der Bundesrepublik allgegenwärtig und zu sehen sind. Doch Schöne legt seine Dissertation zum Thema vor. Eine wissenschaftliche Arbeit, die nicht immer leicht zu lesen ist. Doch Schöne, Jahrgang 1970, fällt der Verdienst zu, eine erstmals detaillierte Untersuchung der Kollektivierung vorzulegen. Im Zentrum der Untersuchung stehen die Kollektivierungsschübe von 1952 bis 1960, nach denen von mehr als 800.000 Einzelbauern kaum mehr als 20.000 existierten. Doch der Weg vom freien Bauern zum Mitglied der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) war komplizierter und steiniger, als von den Protagonisten der SED-Parteiführung vorhergesehen.

Die nach sowjetischem Vorbild entstandene Großflächenwirtschaft brachte vorerst nicht die erhofften Produktionszuwächse hervor, sondern stürzte das politische System zunächst einmal in schwere Krisen. Denn neben Musterkollektivierungen, die es in vielen Fällen gegeben hat, standen umfangreiche Zwangsmaßnahmen. Diese führten zu teils heftigen Widerständen in den Dörfern, veränderten sie doch grundlegend die Dorfgemeinschaft als Produktions- und Sozialverband und entzogen den Bauern die Verfügungsgewalt über ihren Boden. Jens Schöne beschreibt aber auch die Vorgeschichte der Bodenreform ab 1945 sowie die Folgeerscheinungen, die bis heute Sinnbild der deutsch-deutschen Teilung sind. Schöne, der selbst eine landwirtschaftliche Ausbildung aufweist, stellt Zusammenhänge der Bodenreform zu den akuten Herrschaftskrisen in der DDR dar und beschreibt die Entwicklung in einzelnen Dörfern ebenso wie die Entscheidungsfindung auf höchster politischer Ebene. Die facettenreiche Arbeit, die auch jüngste Forschungsergebnisse berücksichtigt, ist ein wichtiger und notwendiger Beitrag zur DDR-Geschichte, die besonders in diesem Bereich oft nur subjektiv und oberflächlich betrachtet wurde.