AUSTRALIEN - OSTKÜSTE 3 von 3
SYDNEY OPERA UND HARBOUR BEACH, KAKADUS IN DEN BLUE MOUNTAINS, ZUCKERROHR UND KROKODILE
In den Blue Mountains

"Die „Blauen Berge“ beginnen eine knappe Autostunde hinter Sydney und verdanken ihren Namen den Eukalyptusbäumen, deren Blätter ätherisches Öl verdunsten, das als feiner Nebel über den Bergen liegt. Oberhalb der Katoomba Fälle genossen wir die atemberaubende Aussicht über das weite Tal, dessen Blaufärbung vom Sonnenuntergang überstrahlt wurde, während wir wiederum von Kakadus argwöhnisch beobachtet wurden. Einige Artgenossen verloren sich kreischend im Abendlicht und stürzten sich, wild Pirouetten drehend, selbstmörderisch in die Schlucht. Die ganze Szenerie wirkte surreal und wenn plötzlich Dinosaurier zwischen Eukalyptus- und Farnbäumen aufgetaucht wären, hätte uns das auch nicht sonderlich gewundert."

Die kleine Nixe

Die Mythologien um Meerjungfrauen sind fast so alt wie die Geschichte der Seefahrt selbst. Doch erst mit den Entdeckungsfahrten wurden die Seekühe - vor der australischen Küste gibt es noch größere Bestände an Dugongs - für Meerjungfrauen gehalten.

„Gegen Sonnenuntergang hörten wir zu unserer grossen Freude lärmendes Geplauder von Eingebornen, was uns die Nähe von Wasser voraussetzen liess. Ich stieg vom Pferde und rief; sie antworteten; als sie mich aber sahen, ergriffen sie soviel sie konnten von ihren Sachen und flohen in grosser Eile auf die entgegengesetzte Seite des Flusses. Als Brown, der hinterwärts gestanden, zu mir kam, nahm ich die Calebasse, setzte sie an den Mund und frug nach „Yarrai, Yarrai“. Sie antworteten zwar, jedoch ging mir ihre beabsichtigte Mittheilung verloren, und sich uns zu nähern weigerten sie sich. Ihr Lager befand sich in dem Flussbett zwischen einigen kleinen Casuarinen. Ihre zahlreichen Spuren führten mich indess bald zu zwei von hohem Rohre umgebenen Quellen, an denen wir unsern Durst löschten. Mein Pferd wurde durch die grosse Menge Hornissen, die über dem Wasser herumsummten, äusserst in Schrecken gesetzt. Nachdem wir unsere Calebasse gefüllt, kehrten wir zum Lager der Eingebornen zurück und untersuchten die Dinge, die sie liegen gelassen hatten. Wir fanden einen Schild, vier Calebassen, von welchen ich zwei mitnahm, indem ich dafür einen recht blanken Penny als Bezahlung zurückliess. Ferner fand sich ein kleines wasserdichtes Körbchen mit Akaziengummi, sowie etwas noch nicht aufgelöste fasrige Rinde, die dazu gebraucht wird, den Honig auszupressen; ein feuerstock, der sehr zierlich mit Theebaumrinde zusammengeknüpft war, ein Känguruhnetz und zwei Tomahawks, einer von Stein und ein kleinerer von Eisen, anscheinend aus einem Hammer verfertigt, ein Zeichen, dass die Schwarzen einigermassen mit der Küste in Verbindung standen. Die Eingebornen selbst waren verschwunden.“ (aus: „Tagebuch einer Landreise in Australien von Moreton-Bay nach Port Essington während der Jahre 1844 und 1845 von Ludwig Leichhardt“, 1851)

Aus der ehemaligen Sträflingskolonie am anderen Ende der Welt ist ein Land der Sehnsüchte geworden. Besonders Sydney mit seiner schillernden Offenheit und anziehenden Kombination aus Kunst, Kultur und „Easy Living“ zieht jährlich Hundertausende Touristen, Aussteiger und Neugierige in seinen Bann.

Wir quartierten uns bei Elena in Newtown ein. Die Adresse hatten wir über ein bekanntes Couchsurfingportal erhalten und bekamen so in den folgenden Tagen einzigartige Einblicke ins australische Großstadtleben und gratis wertvolle Ausgehtipps. Die sympathische Italienerin studierte an der Sydney Conservatorium of Music und schrieb an ihrer Doktorarbeit. Wir erkundeten die Umgebung der KIng Street, gönnten uns ein völlig überteuertes Bier in „Doris and Beryl's Bridge Club & Tea House“ und spulten unser Sightseeingprogramm ab. Newtown lag eine halbe Metrostunde vom Stadtzentrum entfernt. Westlich der 1973 durch Queen Elisabeth eröffneten Oper lockten in der George und Argyle Street einige gemütliche Pubs. Zwei Querstraßen weiter warteten die komischsten Souvenirläden mit einer übervollen Palette an handgemachten Kunstgegenständen, Bumerang, Didgeridoos und asiatischem Krimskrams. Sydney hält alles bereit, was der Reisende von Welt und Tourist benötigt und noch darüber hinaus. Während am südlichen Ende der Playfair Street das „Munich“ zum Oktoberfest mit Paulaner einlud, erinnerte am anderen Ende ein schmales Denkmal an die ersten Europäer.

Im Januar 1788 verließen über siebenhundert Sträflinge und fast sechshundert Soldaten, Seeleute, Frauen und Kinder in der heute Port Jackson genannten Bucht die Schiffe der First Fleet. Fast ein Jahr zuvor, im Mai 1787 war die Flotte im britischen Portsmouth gestartet, um die Strafgefangenen ans Ende der Welt in die Verbannung zu schicken. Unter ihnen befanden sich ein James Bloodsworth und Samuel Bird, die mit 70 Jahren Älteste Elisabeth Beckford, der dreizehnjährige John Huston und Mary Bryant, die mit ihrer Flucht 1791 in die Schlagzeilen geriet und deren Geschichte 2005 verfilmt wurde.

Die ersten Monate in Australien waren für die Gefangenen fast ebenso hart wie für ihre Bewacher und vom ständigen Hungertod bedroht. In dieser Zeit brachen die Häftlinge, von denen manche für den Diebstahl einer Jacke, eines Handschuhs oder von Hühnereiern deportiert wurden, die ersten Felsblöcke in Port Jackson und errichteten die ersten Häuser. „The Rocks“ wurde das älteste Stadtviertel von Sydney und quasi Keimzelle des modernen Australiens. Später stießen wir am Macquarie Place auf den Anker und eine Kanone der HMS Sirius, dem Flaggschiff der First Fleet, die 1790 vor Norfolk Island Schiffbruch erlitt.

Die Oper lag wenige Schritte gegenüber dem Overseas Passenger Terminal auf der anderen Hafenseite. Wir spazierten bis zur Spitze, fotografierten die Harbour Bridge, die sich stolz und gelassen über die Bucht spannte und von den Einheimischen  anspruchslos „coat hanger“ genannt wurde und beobachteten die zahllosen Boote, Schiffe und Fähren. Im Royal Botanic Gardens, dessen Ableger, britischer Sturheit und Lässigkeit zu verdanken, weltweit in allen ehemals britischen Kolonien das Bild vieler Ortschaften prägt, ließen wir uns ausreichend Zeit. Der Ursprung geht auf das Jahr 1816, den Garten des Gouverneurs und Charles Frazer, dem ersten Botaniker der jungen Kolonie, zurück. Wir bewunderten die farbenprächtigen Begonien und Rosen, zählten die verschiedensten Kräuter, Farne und Palmen und fütterten die ewig neugierigen Kakadus mit Keksen. Der Blick vom AMP Tower verschaffte uns einen Gesamtüberblick über Haymarket, Downtown und die zerfranste Bucht von Sydney. Am Horizont lag Manly, wohin wir am nächsten Tag mit der Fähre einen Abstecher unternahmen. Das beliebte Surferparadies lag unter einer dichten und kühlen Wolkendecke. Einige Schulklassen hatten ihren Sportunterricht an den herrlichen Strand verlegt und spielten Beachvolleyball. Zwischen Steyne Street und Manly Wharf lagen die Surferläden dicht an dicht und boten alles Notwendige und Überflüssige, was zum Surfen im Paradies gebraucht wurde. Am Hafen von Manly stolperten wir etwas verdutzt in einen Aldi, den einzigen, den wir je in Australien entdecken sollten und der bereits mit Weihnachtsschokomännern und Weihnachtsstollen „based on German recipe“ lockte.

In den Blue Mountains blieben wir zwei Nächte. Wir hatten einen urigen Zeltplatz in Katoomba gefunden und unser Zelt unter mächtigen Eukalyptusbäumen aufgestellt. Die „Blauen Berge“ beginnen eine knappe Autostunde hinter Sydney und verdanken ihren Namen den Eukalyptusbäumen, deren Blätter ätherisches Öl verdunsten, das als feiner Nebel über den Bergen liegt. Oberhalb der Katoomba Fälle genossen wir die atemberaubende Aussicht über das weite Tal, dessen Blaufärbung vom Sonnenuntergang überstrahlt wurde, während wir wiederum von Kakadus argwöhnisch beobachtet wurden. Einige Artgenossen verloren sich kreischend im Abendlicht und stürzten sich, wild Pirouetten drehend, selbstmörderisch in die Schlucht. Die ganze Szenerie wirkte surreal und wenn plötzlich Dinosaurier zwischen Eukalyptus- und Farnbäumen aufgetaucht wären, hätte uns das auch nicht sonderlich gewundert. In den Bergen war es kühl und, noch gewohnt an die Hitze des Outback, froren wir in der Nacht. Wir erwanderten uns am nächsten Tag einen Teil des Weltnaturerbes, übten uns im Bumerangwerfen und fütterten wieder die Kakadus mit Keksen. Auch wenn uns immer wieder unterwegs versichert wurde, daß wir ständig Koalas zu sehen bekämen, hatten wir dieses Glück nicht. Unser einziges Pärchen entdeckten wir im Koala Park in den West Pennant Hills.

Um nach Brisbane zu gelangen, suchten wir unseren Weg westlich der Great Dividing Range. Australiens größter Gebirgszug streckt sich von Tasmanien bis zur Nordostspitze von Queensland und hat großen Einfluss auf das Klima des Kontinents. Die Landschaft änderte sich auch merklich, ging aufgrund des Regenschattens schnell in trockenen Gebiete über und die steigenden Temperaturen krochen in alle Poren. Spät hatten wir am Abend Brisbane erreicht. Auf einem der fürchterlicheren Campingplätze hatten P und ich uns wegen des harten Bodens, der warmen Temperaturen und der nicht enden wollenden Straßengeräusche fast noch gestritten und die gute Reisestimmung erhielt einen Dämpfer. Augenscheinlich war die Fahrerei in den letzten Tagen doch zu viel für uns beide gewesen. Die sprichwörtlich festgefahrene Situation wurde jedoch durch den lautstarken Streit zwischen Mutter und Tochter im Nachbarzelt überboten und wir aus unserem Schlaf gerissen. Völlig übermüdet legten wir unsere Unstimmigkeiten beiseite und blieben uns künftig über die Wahl der Übernachtung einig. Wir belohnten uns mit einem ausgiebigen Frühstück am Ozean und sondierten unseren weiteren Reiseverlauf. In der Stadt hielt es uns nicht lange. Ich empfand den ehemals als Strafkolonie 1824 gegründeten Ort nicht als besonders attraktiv und nur als Ausgangspunkt für die nördlich gelegene Sunshine Coast. Vielleicht gebe ich Brissi, wie die Stadt auch genannt wird, Unrecht und vielleicht mag es nur an den Erlebnissen auf dem Campingplatz gelegen haben. Doch nach einem kurzen Spaziergang im Botanischen Garten, der wohlplatziert in einer Biegung des Brisbane River liegt, fuhren wir weiter auf dem National Highway 1 in Richtung Cairns.

In den nächsten Tagen suchten wir unsere Übernachtungen sorgsamer aus; zelteten unter Palmen und dem weiten, sternenreichen, australischen Himmel. Je weiter wir nach Norden, nach Cairns kamen, desto mehr stießen wir in die Tropen vor. Das Wetter wurde drückender und wir schwitzten uns die Nächte mehr hindurch als das wir schlafen konnten. Besonders die zahlreichen Allfarbloris trugen ihren Teil bei und kreischten sich tief in unsere schlaflosen Nächte und Erinnerungen.

In Bundaberg passierten wir das „Tor zum Great Barrier Reef“. Die Temperaturen des kommenden Sommers war schon weit vorangeschritten und die Spuren der letzten unübersehbar. Abgemagerte Kühe weideten im flimmernden Sonnenlicht zwischen verkohlten Bäumen und Sträuchern und hier und da rostete ein abgebranntes Autowrack am Straßenrand vor sich hin. Immer öfter kamen wir an ausgedehnten Zuckerrohrfeldern vorbei, die teilweise abgeerntet wurden. Australien gehört mit fast 26 Millionen Tonnen pro Jahr zu den zehn größten Zuckerrohrproduzenten weltweit. Der Anbau liegt in den Händen privater Farmer. Mächtige Zuckerrohrschneidemaschinen fraßen sich durch die Ebenen und spuckten die gehäckselten Zuckerrohrstengel auf einen Traktorhänger. Von dort ging es über kilometerlange Loren-Bahnen zu vielen Zuckerfabriken, deren dunkler Rauch schon von weitem zu sehen war. Für den, mitunter subventionierten, australischen Zuckerrohr war der Küstenregenwald großflächig gerodet worden und nur in Mission Beach verschont geblieben. Die schädliche Auswirkungen der Landwirtschaft, ihre Insektizide und großen Mengen Dünger, lagen an den weiten Traumstränden massenweise zu unseren Füßen. Unzählige tote Korallen vom größten Korallenriff der Erde blichen im Sonnenlicht vor sich hin.

Das UNESCO Weltnaturerbe befindet sich im Sterben. Das Umweltbewusstsein der Australier, der Regierung und Manager, ist, entgegen allen blauäugigen Vorstellungen und Beteuerungen nicht sehr ausgeprägt und nicht mit europäischer Brille zu verstehen. Business as usual. Wo es Geld zu machen gibt, wird Geld gemacht. Tiefseehäfen, Ölverschmutzungen und Schiffshavarien im Great Barrier Reef sind mittlerweile an der Tagesordnung. Immer wieder rufen Umweltverbände und Einwohner regelmäßig zu Protesten auf.

Im verträumten Airly Beach gönnten wir uns eine Pause und einige Sundowner, genossen die Musik in den Bars und die entspannte Atmosphäre. Während wir die Ratten in der Jugendherberge beobachteten, waren wir uns einig, dass es eine gute Idee gewesen war, unser Zelt außerhalb des Ortes aufgestellt zu haben. Den – gebuchten – Ausflug zur White Sandy Beach hätten wir uns sparen können. Aufgrund der angebrochenen Quallensaison konnten wir nicht mehr ins verlockende, türkis leuchtende Korallenmeer und verbrachten, da die Sonne inzwischen unbarmherzig auf den Strand brannte, ein ziemlich teuer bezahltes Mittagsschläfchen unter den Bäumen. Allein der Waran, der wenige Meter hinter uns durch das Gebüsch schlich, entschädigte den Ausflug. In Cairns, wo das Great Barrier Reef auf die Küste trifft, war das Weltnaturwunder noch intakt und wir buchten einen Ausflug hinaus zum Riff.

Unsere letzten australischen Tage verbrachten wir im tropischen Norden, suchten vergeblich Krokodile im Daintree River und gestatteten uns in Daintree dekadent eine Lodge mit Klimaanlage. Über den Fluss führte nur eine Fähre zum Cape Tribulation, wo das Great Barrier Reef und der Regenwald unmittelbar aufeinanderstoßen. Von hier waren es keine achthundert Kilometer mehr bis Papua-Neuguinea. Die heftigen Temperaturwechsel auf unserem Australienabenteuer machten uns inzwischen zu schaffen und die Tropen hatten daran keinen geringen Anteil. Wir waren über jede Abkühlung dankbar und fanden beim Baden im garantiert krokodilfreien Mossman River eine unbezahlbare Erfrischung. Das quirlige Port Douglas überraschte uns mit einem urigen Flohmarkt, kalorienreichem Kokosnuss-Sorbet und Postkartenmotiven. Philipp erstand eine handgefertigte Ukulele, die ihre Töne im europäischen Norden nicht halten konnte und nun nur als Erinnerung dient. Einige Tage später flogen wir nach Deutschland zurück. Mein Zelt, welches mich viele Jahre begleitet hatte und jetzt doch am Ende war, ließ ich wehmütig auf dem roten Kontinent zurück.

Manly Wharf

"Am Hafen von Manly stolperten wir etwas verdutzt in einen Aldi."

Surfin' at Manly

"Zwischen Steyne Street und Manly Wharf lagen die Surferläden dicht an dicht und boten alles Notwendige und Überflüssige, was zum Surfen im Paradies gebraucht wurde."

Känguruhs

Auf einem Abendspaziergang begegneten wir auf einem Friedhof einer Känguruhfamilie.

Fliegende Hunde

Hunderte Flufhunde fraßen die Bäume am nahegelegenen Flußufer leer und hielten uns mit ihrem Gekreisch die halbe Nacht wach.

Daintree

Wir gestatten uns eine klimatisierte Lodge um wenigstens des NAchts der Tropenschwüle zu entkommen.

Echse am Mossman River

"Wir waren über jede Abkühlung dankbar und fanden beim Baden im garantiert krokodilfreien Mossman River eine unbezahlbare Erfrischung."

Gefiederter Australier

Im Cape Tribulation N.P. trifft das Great Barrier Reef direkt auf die Küste Australiens.